GEHALTSDISKUSSION

Wer Äpfel mit Birnen vergleicht, darf sich nicht wundern, wenn am Schluss ein Topfen herauskommt. Wer also Spitalsgehälter in der Schweiz mit jenen in Vorarlberg vergleicht, schürt damit nur eine sinnlose Neiddebatte, bei der die Fakten unter den Tisch fallen und Emotionen durch die Decke gehen. Wieder einmal geschehen am Wochenende in einem Vorarlberger Medium. Stoßrichtung der Meinungsmache: Ärzte sprengen mit ihren Millionengehältern alle vertretbaren Grenzen. Wer noch nicht hat, kann die Geschichte unter diesem Link gerne nachlesen.

Enthüllt oder aufgedeckt hat das Medium da gar nichts, es hat ein wenig abgeschrieben aus einem Bericht der Schweizer „Sonntagszeitung“ einige Tage davor, und selbst dieses Blatt ist dabei auf einen Zug aufgesprungen, der schon vor etlichen Jahren aus dem schweizerischen Medienbahnhof abgefahren ist. Ja, es gibt in der Schweizer Ärzteschaft Millionenverdiener. Das erklärt sich vorwiegend aus dem dortigen System: Bis zu zwei Drittel der Chefarztgehälter sind variable Lohnbestandteile – in vielen Kliniken sind Chefärzte auch Teil des Managements, sie erhalten eine Umsatzbeteiligung. Umsätze, die zu einem guten Teil aus privaten Geldern generiert werden. Viele Kliniken dort sind in ihrer Struktur sehr stark dem privatwirtschaftlichen Sektor zuzurechnen.

Vorarlbergs Spitäler und Gehälter funktionieren völlig anders. Allerdings übt das Schweizer Gesundheitssystem mit seinen enorm hohen Verdienstmöglichkeiten einen starken Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt aus. Nicht wenige Vorarlberger Kolleg:innen arbeiten in Spitälern in der Ostschweiz und es dürften noch mehr werden: Denn die Lebenserhaltungskosten in Vorarlberg sind inzwischen so hoch, dass immer mehr Produkte des täglichen Bedarfs hierzulande bereits teurer sind als in der Schweiz. Und wer nicht in ein anderes Gesundheitssystem über der Grenze eintreten will, kann im selben System ins Burgenland oder in die Steiermark, dort ist mit derselben Leistung inzwischen deutlich mehr zu verdienen als hier. Das bleibt allerdings medial unerwähnt.

Interessant ist auch, was besagter Artikel als Vorarlberger Lösung gegen diese finanziellen Unterschiede ausschildert. So seien hierzulande die Gehälter für medizinisches Fachpersonal erst Anfang des Jahres um 9,15 Prozent erhöht worden. Schön wär’s gewesen! Es handelte sich dabei um eine Inflationsabgeltung im öffentlichen Dienst und nicht um eine strukturelle Gehaltsanpassung – eine Inflationsabgeltung gab es übrigens auch in anderen Berufsgruppen.

Und wenn als Anreiz für einen Job in den heimischen Spitälern auf „die besondere Attraktivität der Arbeitsbedingungen in den Vorarlberger Krankenhäusern“ hingewiesen wird, stellt sich schon die Frage, warum immer mehr Fachärzt:innen die Spitäler in Richtung niedergelassener Bereich verlassen und es immer schwieriger wird, ausreichendes Personal zu finden und zu halten: Die angesprochenen Arbeitsbedingungen haben bereits dazu geführt, dass an die 120 Betten aufgrund Personalmangels nicht belegbar sind, was in etwa der Größe des Krankenhauses Hohenems entspricht. In einzelnen Bereichen ist schon heute die Versorgungssicherheit nicht mehr gegeben.

Mit Verwunderung lesen wir auch von einer „Arbeitszeitenregelung mit einer durchgängigen 48-Stunden-Woche“, die – angeblich vom Spitalsmanagement so gesehen – „eine gute Work-Life-Balance fördert“. Nach Kenntnisstand der Ärztekammer beträgt die Regelarbeitszeit in Vorarlberg immer noch 40 Wochenstunden. Und noch etwas verwundert uns: Der in besagtem Artikel ursprünglich kolportierte Einstufungsplan in die aktuellen Gehaltsklassen mag vielleicht von irgendwo herkommen, nicht aber aus Vorarlberg. Gestern Nachmittag wurde er dann korrigiert. Wie gesagt: Wer Äpfel mit Birnen vergleicht, darf sich nicht wundern, wenn am Schluss ein Topfen herauskommt.

Wir werden jedenfalls in den laufenden Verhandlungen über eine marktkonforme und konkurrenzfähige Gehaltsanpassung keine Äpfel mit Birnen vergleichen, sondern klare und transparente Forderungen stellen: Uns geht es im ersten Schritt um eine Erhöhung der Grundgehälter für die Normalarbeitszeit. Und hier vergleichen wir uns mit gleichen Systemen im Burgenland und in der Steiermark. Die nächste Verhandlungsrunde findet kommende Woche statt.