AUS DER KAMMER
F
rau Ao. Univ.-Prof. Dr. An
drea Berzlanovich, am Zen
trum für Gerichtsmedizin
Wien tätig, legte in ihrem Vortrag
deutliche Zahlen vor. Jede fünfte
Frau inÖsterreichhat seit ihrem15.
Lebensjahr körperliche und/oder
sexualisierteGewalterfahren.Somit
ist es sehrwahrscheinlich,dass eini
ge dieserOpfer bereits in der einen
oder anderenVorarlbergerArztpra
xis bzw. in einemKrankenhauswa
ren. Häusliche Gewalt ist die häu
figste Ursache für Verletzungen bei
Frauen –Verkehrsunfälle,Überfälle
und Vergewaltigungen zusammen
genommen kommennicht andiese
Zahlen heran. Bis zu 300.000 Frau
en werden in Österreich pro Jahr
von ihren (Ex-)Partnern misshan
delt, jede fünfte in einer Beziehung
lebende Frau ist zumindest einmal
in ihremLebengewalttätigenÜber
griffen ausgesetzt. Dies hat sowohl
körperlichealsauchpsychischeund
psychosomatische Folgen. Häufig
sindMitarbeiterInnen imGesund
heitswesenersteundoft einzigeAn
sprechpersonen. Dennoch fällt es
vielen Opfern schwer, sich jeman
dem anzuvertrauen.
Aktivwerden–
vorsichtignachfragen
Gewalt zu erkennen,möglicheOp
fer vorsichtig anzusprechen und
Hilfe anzubieten, können erste
Schritte sein,Gewalt zuenttabuisie
renundOpfern frühzeitigHilfe zu
kommen zu lassen. Ärztinnen und
Ärzte sind daher aufgefordert, den
ersten Schritt zu machen und Pa
tientinnen zu fragen, ob sie Hilfe
brauchen. Viele Gewaltopfer schä
men sich und haben Angst, emp
finden es aber oft als Erleichterung,
wenn sie gezielt und vorsichtig be
fragtwerden.
Bei Verdacht auf körperliche
und/oder sexualisierteGewalt kann
eine korrekte ärztliche Untersu
chung, die Lage der Betroffenen
in einem späteren Straf-/Zivilver
fahren stärken. Eine sorgfältige
Befundaufnahme unter Sicherung
möglicher Fremdspuren am Kör
per der Opfer und die nachfolgen
de Dokumentation aller vorhande
nenVerletzungenund angegebenen
Beschwerden ist unerlässlich.
EinDokumentationsbogenwur
de mit der ÖÄK, ÖGAM, BMI er
stellt, abrufbar unter
com/oeggm-service.html unter der
Überschrift „Gewaltopfer – Verlet
zungsdokumentation“
Weitere Beratung und Unter
stützungbei Fragen zuBeziehungs
gewalt und sexualisierterGewalt ist
möglich bei der ifs Gewaltschutz
stelle Vorarlberg (Tel. 05 1755 535,
.
Informationsveranstaltung inderÄrztekammer fürVorarlberg:
„Gewaltmacht krank“
AnfangFebruar luddasReferat fürÄrztinnenundFrauenfragengemeinsammitdemLandVorarlberg
indieÄrztekammer fürVorarlberg ein, umüber häuslicheGewalt zu informierenundÄrztinnenund
ÄrztenhilfreicheTippszumUmgangmitsolchenFällenbereitzustellen.Mehrals50 interessierteKolle-
genundKolleginnennahmendieseMöglichkeitwahr,umsichüberdiesesheikleThemaauszutauschen.
Ao. Univ.-Prof. Dr. Andrea Berzlanovichmit Präsident MRDr. Michael Jonas
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| ARZT IM LÄNDLE
03-2017