AIL_2017-03 - page 22

AUS DER KAMMER
F
rau Ao. Univ.-Prof. Dr. An­
drea Berzlanovich, am Zen­
trum für Gerichtsmedizin
Wien tätig, legte in ihrem Vortrag
deutliche Zahlen vor. Jede fünfte
Frau inÖsterreichhat seit ihrem15.
Lebensjahr körperliche und/oder
sexualisierteGewalterfahren.Somit
ist es sehrwahrscheinlich,dass eini­
ge dieserOpfer bereits in der einen
oder anderenVorarlbergerArztpra­
xis bzw. in einemKrankenhauswa­
ren. Häusliche Gewalt ist die häu­
figste Ursache für Verletzungen bei
Frauen –Verkehrsunfälle,Überfälle
und Vergewaltigungen zusammen­
genommen kommennicht andiese
Zahlen heran. Bis zu 300.000 Frau­
en werden in Österreich pro Jahr
von ihren (Ex-)Partnern misshan­
delt, jede fünfte in einer Beziehung
lebende Frau ist zumindest einmal
in ihremLebengewalttätigenÜber­
griffen ausgesetzt. Dies hat sowohl
körperlichealsauchpsychischeund
psychosomatische Folgen. Häufig
sindMitarbeiterInnen imGesund­
heitswesenersteundoft einzigeAn­
sprechpersonen. Dennoch fällt es
vielen Opfern schwer, sich jeman­
dem anzuvertrauen.
Aktivwerden–
vorsichtignachfragen
Gewalt zu erkennen,möglicheOp­
fer vorsichtig anzusprechen und
Hilfe anzubieten, können erste
Schritte sein,Gewalt zuenttabuisie­
renundOpfern frühzeitigHilfe zu­
kommen zu lassen. Ärztinnen und
Ärzte sind daher aufgefordert, den
ersten Schritt zu machen und Pa­
tientinnen zu fragen, ob sie Hilfe
brauchen. Viele Gewaltopfer schä­
men sich und haben Angst, emp­
finden es aber oft als Erleichterung,
wenn sie gezielt und vorsichtig be­
fragtwerden.
Bei Verdacht auf körperliche
und/oder sexualisierteGewalt kann
eine korrekte ärztliche Untersu­
chung, die Lage der Betroffenen
in einem späteren Straf-/Zivilver­
fahren stärken. Eine sorgfältige
Befundaufnahme unter Sicherung
möglicher Fremdspuren am Kör­
per der Opfer und die nachfolgen­
de Dokumentation aller vorhande­
nenVerletzungenund angegebenen
Beschwerden ist unerlässlich.
EinDokumentationsbogenwur­
de mit der ÖÄK, ÖGAM, BMI er­
stellt, abrufbar unter
com/oeggm-service.html unter der
Überschrift „Gewaltopfer – Verlet­
zungsdokumentation“
Weitere Beratung und Unter­
stützungbei Fragen zuBeziehungs­
gewalt und sexualisierterGewalt ist
möglich bei der ifs Gewaltschutz­
stelle Vorarlberg (Tel. 05 1755 535,
.
Informationsveranstaltung inderÄrztekammer fürVorarlberg:
„Gewaltmacht krank“
AnfangFebruar luddasReferat fürÄrztinnenundFrauenfragengemeinsammitdemLandVorarlberg
indieÄrztekammer fürVorarlberg ein, umüber häuslicheGewalt zu informierenundÄrztinnenund
ÄrztenhilfreicheTippszumUmgangmitsolchenFällenbereitzustellen.Mehrals50 interessierteKolle-
genundKolleginnennahmendieseMöglichkeitwahr,umsichüberdiesesheikleThemaauszutauschen.
Ao. Univ.-Prof. Dr. Andrea Berzlanovichmit Präsident MRDr. Michael Jonas
22
| ARZT IM LÄNDLE
03-2017
1...,12,13,14,15,16,17,18,19,20,21 23,24,25,26,27,28,29,30,31,32,...40
Powered by FlippingBook