AIL April 2018
C E T E R U M Allmählich können wir uns aufgrund öffentlicher Aussagen von Frau Bundesminister HartingerKlein sowie kursieren der Papiere eines ÖVPReformkonzepts der Sozialversiche rung und eines „Vortrags an den Ministerrat“ ein Bild über die geplanten Kassenfusionen machen. Daraus kann abgelei tet werden, dass massiv in die föderale Entscheidungskompe tenz der Gebietskrankenkassen eingegriffen wird, womit die Beitrags und Vertragshoheit im Land und auch die Selbst verwaltung der Beitragszahler hochgradig eingeschränkt wird. Das Argument der Leistungsharmonisierung bildet das Alibi für diese gravierende Strukturreform. Wirtschaftskam mer, Arbeiterkammer und Ärztekammer sind sich in Vorarl berg darüber einig, dass die Beitragsund Vertragshoheit im Land bleiben muss, darüber herrscht Konsens mit dem Lan deshauptmann und dem Gesundheitslandesrat. Etwa achtzig Prozent der Bevölkerung sind unselbständig erwerbstätig und in der VGKK versichert. Die Dienstnehmer vertretung in der VGKK basiert auf den Versicherungsbeiträ gen der Angestellten und Arbeiter, die Dienstgebervertretung basiert auf dem treuhänderisch verwalteten Dienstgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträgen des Lohnes. Die Beiträge müssen effizient eingesetzt werden. Vorarlberg ist das einzige BundeslandÖsterreichs, in welchemdie Gesamtvergütung ga rantiert, dass sich die Ausgaben der VGKK an den Beitragsein nahmen orientieren müssen. Genau das ermöglichte im Ver gleich zu anderen Bundesländern eine außerordentliche Flexi bilität der Arbeitsbedingungen und Leistungserbringung. Ein wesentliches Element der Selbstverwaltung ist die Weisungsfreiheit und genau diese soll durch die geplante Kas senfusionierung ausgehöhlt bzw. abgeschafft werden. Das hat Auswirkungen auf die wohnortnahe ärztliche Versorgung. Das betrifft alle Bundesländer, daher ist es auch am 30. März zu einer gemeinsamen Deklaration aller Bundesländerge bietskrankenkassen und aller Landesärztekammern (Salzbur ger Deklaration) gekommen. Ihr Präsident MR Dr. Michael Jonas sALZbuRGeR deKLARAtIon der selbstverwaltungen der Gebietskrankenkassen und der Ärztekammern zur Kassenfusion am 30.03.2018: Die Gesundheitsversorgung ist regional, muss sich an den Menschen orientieren und daher möglichst wohnortnahe sein; gleiches gilt für die Strukturen der Gesund- heitsverwaltung. Eine optimale Organisation der Versorgung setzt voraus, dass Pro- bleme im Detail bekannt sind, um flexible, den regionalen Gegebenheiten ange- passte, Lösungen zu finden. Regionale Entscheidungen sind nah bei denjenigen, die von ihnen betroffen sind. Dies ist der Kerngedanke des Subsidiaritätsprinzips. Die Organisation der ambulanten Versorgung durch Selbstverwaltungsorganisationen von Dienstnehmern, Dienstgebern und ÄrztInnen hat sich bewährt, immer wieder Modernisierungsschritte gesetzt und auch Leistungen ausgebaut. Durch die regiona- le Präsenz von Gebietskrankenkassen und der Ärztevertretung hat sich ein gut orga- nisiertes und effizientes Netzwerk etabliert, das die PatientInnen in den Fokus rückt. Nur eine Gesundheitsversorgung, die nahe am Menschen ist, garantiert rasche und effektive Hilfe. So kann z.B. am besten der Bedarf an zusätzlichen Kassenarztpraxen beurteilt werden und bei Problemen bei der landärztlichen Versorgung Abhilfe ge- schaffen werden. Aus diesem Grund stehen die Gebietskrankenkassen gemeinsam mit den Landes-Ärztekammern für eine Fortführung und Optimierung dieses Netz- werks ein. Damit verbunden sind: der Erhalt der regionalen Krankenversicherungen als wichtige Säule der regionalen Gesundheitsversorgung mit Planungs- und Bei- tragshoheit; die Absicherung der echten regionalen Selbstverwaltung aus Dienst- nehmern und Dienstgebern in den Krankenkassen, weil sie die Bedürfnisse der Pa- tientInnen und Finanzierer am besten kennen. Ablehnung der Reduktion der Selbst- verwaltung auf ein reines Aufsichtsorgan; die autonome Finanzierung und Verwal- tung der Krankenkassen und der Beibehalt der Dualität der Beitragsprüfung durch Kassen und Finanzbehörden; der Fortbestand der bestehenden autonomen Gesamt- vertragsstrukturen zwischen Kassen und Kammern, weil nur diese die regional best- mögliche Versorgung garantieren; die Wiederherstellung jenes zustands, der den Kassen die Abdeckung der versicherungsfremden Leistungen durch die Bundesre- gierung garantierte: Ihr Entfall hat die Kassen immer wieder vor nicht selbst ver- schuldete finanzielle Probleme gestellt. Daher gehören diese Leistungen, die nicht von der Versichertengemeinschaft zu finanzieren sind, den Kassen künftig wieder ersetzt; die Solidarität und Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherungen (Ausgleichsfonds); die Freiheit, finanzielle Mittel auch in der Region für die Gesund- heitsversorgung der Bevölkerung auszugeben, wo sie erwirtschaftet wurden; die Berücksichtigung des Fachwissens der Ärzteschaft bei der Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen; rasche Maßnahmen, wie sie auch im Regierungsprogramm vor- gesehen sind, zur Stärkung der Wertschätzung der Kassenärzteschaft, denn nur sie garantiert die soziale medizinische Versorgung für alle Bevölkerungsgruppen. Wir bekennen uns zu einer konstruktiven und gemeinsamen Weiterentwicklung des Ge- sundheitssystems. Eine zerschlagung der sicheren und leistungsstarken Netzwerke auf Landesebene zugunsten einer zentralistischen Struktur auf Bundesebene lehnen wir ab. Vor diesem Hintergrund haben die VertreterInnen der Ärztekammern und Gebietskrankenkassen am 30. März 2018 diese Deklaration beschlossen und verein- bart, diese an die Mitglieder der Bundesregierung, die Mitglieder der neun Landes- regierungen und die im Nationalrat, Bundesrat und in den Landtagen vertretenen Parteien sowie an die Sozialpartner zu übermitteln. ÖGK – Österreichische Gesundheitskasse ARzT IM LÄNDLE 04-2018 | 3
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