AIL Mai 2018

22 | Arzt im Ländle 05-2018 Ja, darf ich denn das? Fragen aus dem Ordinationsalltag juristisch betrachtet Zusatzanmerkung bei einemArztbrief: „Arztbrief nach Diktat verfasst – Hör- und Tippfehler mög- lich“ ACHTUNG! Dieser Zusatz entbindet den behandelnden Arzt nicht von seiner Haftung für den (diktierten) Arztbrief. Arzt & Recht D ie Verantwortung für den Arztbrief liegt immer beim behandelnden Arzt, unab- hängig davon, ob im Brief auf mög- liche Hör- oder Tippfehler hinge- wiesen wurde. Der Empfänger eines Arztbriefes kann sich prinzipiell darauf verlassen, dass der Inhalt des Arztbriefs richtig ist! Für den interessierten Leser Der Arztbrief („ärztlicher Entlas- sungsbericht“, „Arztbericht“ oder „Epikrise“ etc.) dient der Kommu- nikation zwischen den behandeln- den Ärzten eines bestimmten Pa- tienten. Mit dem Arztbrief teilt ein Arzt einem anderen Arzt die von ihm und/oder Dritten erhobenen Befunde, erstellten Diagnosen so- wie die für die weitere Diagnostik oder Weiterbehandlung erforder- lichen Informationen mit. Gerade an der Schnittstelle zwischen stati- onärer und ambulanter Versorgung bzw. zwischen fachärztlichem und allgemeinmedizinischen Bereich hat der Arztbrief eine erhebliche Bedeutung für die Gesundheit des Patienten. Gesetzliche Grundlagen Die Pflicht zur Ausstellung eines Arztbriefes nach Abschluss der medizinischen Behandlung stellt eine vertragliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages dar. Ferner lässt sie sich auch aus § 51 Ärztege- setz (Dokumentationspflicht und Auskunftserteilung) ableiten. In der Qualitätssicherungsver- ordnung 2018 ist hinsichtlich der „Befundverwaltung und Befund- weiterleitung“ geregelt, dass ange- forderte Befunde sicher, vertraulich und unter Wahrung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht sowie im Bedarfsfall schnell weiter zu leiten sind (vgl. § 18 Abs. 2 QS-VO 2018). Außerdem ist sicherzustellen (§ 19 Abs. 2 QS-VO 2018), dass „der Patienten und erforderlichenfalls auch der zuweisende Arzt über die betreffenden Befunde informiert werden“. Für Vertragsärzte gelten zudem die Vorgaben der Gesamtverträge bzw. Honorarordnungen. So wird die Pos. Nr. 8 „Ausführlicher ärzt- licher (fachärztlicher)“ Befundbe- richt bei der TGKK mit € 6,32 ho- noriert und ist verrechenbar, wenn ein solcher Bericht von Seite des zu- weisenden Vertragsarztes oder vom Chef- bzw. Kontrollarzt der Kasse verlangt wurde. Inhalt des Arztbriefes Gesetzliche Vorgaben zum In- halt eines Arztbriefes gibt es nicht. Umfang und Inhalt des Arztbriefs hängen von den individuellen Um- ständen des jeweiligen Falles ab, wobei auf spezifische, mit dem Ent- lassungsbefund verbundene, medi- zinische Schwierigkeiten jedenfalls gesondert hingewiesen werden muss. Dies auch, damit dem nach- behandelnden Arzt sämtliche zur Sicherung des Therapieerfolges wesentliche Informationen erteilt werden (vgl. Kreße/Dinser, An- forderungen an Arztberichte – ein haftungsrechtlicher Ansatz, MedR 2010, 396f). Aufbewahrungspflicht und Einsichtsrecht Der Arztbrief ist Bestandteil der Pa- tientendokumentation und gemäß Arzt & Recht § 51 Ärztegesetz zumindest 10 Jahre aufzubewahren. Ebenso hat der Pa- tient das Recht auf Einsicht sowie Herstellung von Abschriften gegen Kostenersatz (§ 54 Ärztegesetz). Rechtliche Beurteilung Der Arztbrief ist nicht nur ein (ins- besondere aus Beweisgründen) erheblicher Teil der Patientendo- kumentation; ihm kommt auch eine eigene Rechtsqualität im Sinne einer „Urkunde“ gemäß § 74 StGB zu. Haftung Der Arztbrief ist – wie der Name schon sagt – vom behandelnden Arzt zu verfassen. Gerade in Arztor- dinationen werden diktierte Arzt- briefe vielfach vom Ordinations- personal abgetippt. Dem behandelnden Arzt muss in jedem Fall aber bewusst sein, dass die Verantwortung für den Arztbrief immer bei ihm selbst liegt. Dies bedeutet nicht, dass er sich nicht helfen lassen darf – er muss allerdings vor Versand an den Kollegen (zB nach Abtippen des diktierten Arztbriefes) sicherstellen, dass der Inhalt korrekt ist. Dies ergibt sich auch aus dem Vertrauensgrundsatz, wonach je- der Behandler davon ausgehen darf, dass die anderen/vorherge- henden Behandlungen seitens der Kollegenschaft ordnungsgemäß durchgeführt wurden, der Patient state-of-the-art untersucht und be- handelt und die Indikation für die weiteren Maßnahmen zutreffend gestellt wurde. ☞

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