AIL Mai 2018
26 | Arzt im Ländle 05-2018 Skabiesepidemie in Vorarlberg? – Kein Grund zur Panik! In den letztenWochen und Monaten kam es vermeintlich – zum einen bedingt durch die anhaltende Reisfreudigkeit der Patienten, zum anderen durch die relativ hohe Anzahl der Asylsuchenden im Land – zu einem starken Anstieg der Skabies-Infestationen. Obwohl sich die Behandlung relativ simpel gestaltet, werden häufig Rezidive und Therapieresistenzen berichtet. Klare Anweisungen zur Durchführung der Lokaltherapie, Hygienemaßnahmen und gegebenfalls Therapie von Kontaktper- sonen können zum raschen Behandlungserfolg beitragen. Skabies: Übertragung, Klinik und Diagnostik Der Erreger der Krätze ist die Krätz- milbe – Sarcoptes scabiei hominis – eine etwa 0,3–0,5mm große Mil- be, die hochspezifisch an den Men- schen als Wirt angepasst ist. Das befruchtete Weibchen legt täglich zwei bis drei Eier in sub- corneal gelegenen Gängen, wo- raus sich Larven und später Nym- phen entwickeln, die nach drei Wochen selbst geschlechtsreif wer- den. Während die Larven, Nym- phen und männliche Milben auf der Haut in Mulden unter den Hornschuppen leben, finden sich die Weibchen intracorneal am Ende der gegrabenen Gänge als kleine Auftreibung im sogenann- ten Milbenhügel. Die Übertragung der befruchteten Weibchen erfolgt ausschließlich durch engen, direk- ten, längeren körperlichen Kon- takt: in der Bettwärme, durch den Geschlechtsverkehr, in Massenla- gern oder unter beengten Wohn- verhältnissen. Die Klinik wird bestimmt vom quälend starken, generalisierten Juckreiz, besonders abends und in den Nachtstunden. Die klassi- schen Hauterscheinungen sind zu Beginn der Erkrankung kommaar- tige oder gewundene, wenige Mil- limeter bis Zentimeter lange Gän- ge; mit Hilfe eines Auflichtmikro- skopes finden sich bisweilen weiß- liche Striche, in denen der Milben- kot als schwärzliche Punkte wahr- genommen werden kann, manch- mal kann am Ende des Milben- ganges sogar die Milbe als dunk- les Pünktchen mit freiem Auge er- kannt werden („Jet with contrail sign“) (siehe Abb. 1). Die Prädilektionsstellen des Mil- benbefalles sind die Interdigital falten der Hände und Füße, die Begugeseiten der Handgelenke, die Areolae mammae, bei Männern Penisschaft und Glans, bei Klein- kindern nicht selten auch die Fuß- sohlen und das Capillitium. An diesen Stellen finden sich neben den beschriebenen, gewun- denen Milbengängen, initial auch hautfarbene Papeln, nicht selten excoriiert, manchmal auch mit se- kundärer Superinfektion (siehe Abb. 2 und 3). In seltenen Fällen können die Hauterscheinungen des Milbenbe- falles besonders stark ausgeprägt sein: bei der sogenannte Scabi- es norwegica oder Scabies crusto- sa finden sich symmetrische, zum Teil dicke, borkenartige Verkrus- tungen an Händen, Ellenbögen, Knien und Sprunggelenken, zu- sätzlich aber auch an skabiesun- typischen Regionen wie Gesicht und Capillitium. Eine derart aus- geprägte Infektion findet sich bei Patienten mit schwerer Immun- schwäche (z.B. mit HIV/Aids, Leu- kämie, oder Tumorerkrankungen) oder aber bei Patienten unter lang dauernder Behandlung mit Gluco- kortikoiden. (siehe Abb. 4). Therapie Zur Therapie des Milbenbefalls kommen vor allem Kontaktinsek- tizide zum Einsatz, in erster Li- nie Permethrin (Infectoscab 5% Creme®). Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass die Therapie 8–12 Stunden auf dem Körper verbleibt und zwei Mal im Abstand von ei- ner Woche durchzuführen ist, um alle Entwicklungsstadien der Mil- be zu erreichen. Zusätzlich können als symptomatische Therapie Ste- roidexterna und Antihistaminika angewendet werden. Unerlässlich ist zudem die Untersuchung sowie gegebenenfalls Therapie aller Kon- taktpersonen, Wohnraumsanie- rungsmaßnahmen und Behand- lung von Leib- und Bettwäsche. In seltenen Fällen kann es nach erfolgter antiscabiöser Therapie zu einer Persistenz des Juckreizes und der Ekzeme kommen. Hierbei kann es sich um einen um einen sogenannten postscabiösen Juck- reiz handeln, bedingt durch eine hypererge immunologisch Reakti- on auf die in der Haut verbliebe- nen Milbenreste oder den Milben- kot, zum anderen kann – bei un- zureichender oder falsch angewen- deter Therapie oder nicht durch- geführten Hygienemaßnahmen – eine Reinfektion vorliegen. In seltenen Fällen kann es sich auch – bedingt durch die mehrma- lige Behandlung – eine Resistenz der Milben auf die verwendeten Antiscabiosa vorliegen. Der postskabiöse Juckreiz – der auch bei erfolgreicher Behandlung über mehrere Wochen anhalten kann – lässt sich am besten sym- tomatisch behandeln: Anthista- minika in Standarddosierung so- wie phasengerechte Steroidexterna können zur Linderung der Symp- tome beitragen. Zudem sollte auch eine ausführliche Aufklärung des Patienten erfolgen. aus der MEDI Z IN OÄ Dr. Nina Susanna Häring Geschäftsführende Oberärztin der Abteilung für Dermato- logie und Venerologie, LKH Feldkirch Korrespondenz: ÖA Dr. Nina Susanna Häring Abteilung für Dermatologie und Venerologie Landeskrankenhaus Feldkirch Akademisches Lehrkrankenhaus Carinagasse 47 A-6800 Feldkirch T +43 (0)5522-303-9125 nina.haering@lkhf.at
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