AIL Mai 2018

aus der Kammer 6 | Arzt im Ländle 05-2018 Geplante Zentralisierung Abschaffung der Vorarlberger Gebietskrankenkasse M it einem weiteren Schrei- ben richtet sich die Arbei- terkammer Vorarlberg, die Ärztekammer für Vorarlberg, der Vorarlberger Patientenanwalt und die Fachgruppe der Gesundheitsbe- triebe der Wirtschaftskammer Vor- arlberg an Landeshauptmann Mag. Markus Wallner. Dem Brief liegt ein gemeinsames Positionspapier und eine wissenschaftliche Studie des Förderalismus-Experten, Universi- tätsprofessor Dr. Peter Bussjäger, bei. Das Regierungsübereinkom- men von ÖVP und FPÖ sieht vor, dass es künftig anstelle der neun Gebietskrankenkassen nur noch eine „Österreichische Gesundheits- kasse (= ÖGK)“ geben soll. Dazu soll lt. Regierungsübereinkommen ein organisatorisch, personell, fi- nanziell und inhaltlich nachhaltiger Umsetzungsprozess mit den Bun- desländern aufgesetzt werden. Bereits vorliegende Entwürfe für diese Zentralisierungspläne zei- gen für Vorarlberg verheerende Fol- gen einerseits in finanzieller Hin- sicht, andererseits auch im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung im Land. Die Arbeiterkammer und die Ärztekammer haben gemein- sam drei rote Linien gezogen, die bei den anstehenden Verhandlun- gen mit der Bundesregierung nicht überschritten werden dürfen: Die Beitragshoheit muss weiter- hin in Vorarlberg bleiben! Unter „Beitragshoheit“ verstehen wir, dass die Verfügungsmacht über die gesamten Beiträge der Vorarl- bergerinnen und Vorarlberger und die daraus gebildeten Rücklagen – wie bisher – in Vorarlberg bleibt. Keine Beitragshoheit bedeutet, dass zukünftig Wien bestimmt, wie viel Gelder nach Vorarlberg flie- ßen und wie diese verwendet wer- den. Nur wer das Geld hat, kann entscheiden, wofür er es einsetzt. Gibt es in Zukunft keine Beitrags- hoheit mehr in den Ländern, wird nicht mehr in Vorarlberg, sondern in Wien entschieden, wie und wie viel der Vorarlberger Beiträge in Vorarlberg eingesetzt werden, ins- besondere bei der Frage der Versor- gung der Vorarlberger Bevölkerung durch Kassen- und Wahlärzte. Beispiele: In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 30 Kas- senärzte in Vorarlberg zusätzlich in Vertrag genommen; auch in Zu- kunft sollen zusätzliche Kassenstel- len geschaffen werden, weil der Be- darf besteht. Ohne Beitragshoheit kann das nicht mehr erfolgen.Wür- den die SV-Beiträge österreichweit nach Kopfquote verteilt werden, so würde die VGKK lt. Berechnungen rd. 13 Mio. Euro jährlich verlieren! Dies hätte massive Kürzungen der bestehenden Standards zur Folge. Die Gesamt-Vertragshoheit muss weiterhin in Vorarlberg bleiben! Es geht um unseren Gesamtver- trag! In vielen Bereichen bringt uns dieser eine Besserstellung ge- genüber anderen Bundesländern. Wir müssen auch künftig im Land in der Lage sein, die spezifischen Vorarlberger Bedürfnisse zu be- rücksichtigen und innovativ sein zu können. Beste Beispiele dafür sind unter anderem das Dringlichkeit- sterminsystem, die verschiedenste Job-Sharing-Modelle, die Vorsorge- koloskopie, der Entfall von Bewil- ligungspflichten für verschiedenste chefarztpflichtige Medikamente, die verbesserte Honorierung bei unbesetzten Kassenstellen, telefo- nische Folgeordination und das Re- zepturrecht für Wahlärzte. Derzeit können wir mit der VGKK über den Gesamtvertrag die Versorgung entsprechend den spezifischen Bedürfnissen steuern bzw. innovative Leistungen ein- führen. Das wird bei einer Zentra- lisierung nicht mehr möglich sein! Ohne Vertrags- und Beitragshoheit im Land muss davon ausgegangen werden, dass die niedergelassene Versorgung in Vorarlberg ausge- dünnt wird. Ärztekammer, Arbeiterkammer, Patientenanwalt und Fachgruppe Gesundheitsbetriebe der Wirtschaftskammer richten Brief an LandeshauptmannWallner. v.l.n.r.: Dr. Burkhard Walla, Hubert Hämmerle (AK Vorarlberg), MR Dr. Michael Jonas, Univ.-Prof. Dr. Peter Bussjäger, Dr. Peter Girardi (WKV Fachgruppe Gesundheitsbetriebe)

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