AIL Juli/August 2018
entsprechen dabei durchaus den großen Zielen des gesam- ten Visionsprozesses in der Ärztekammer. „Für ein heilsames Miteinander“ bedeutet nämlich auch für die Vorarlberger Ärzteschaft als Gemeinschaft: sich verstehen, sich vernetzen, sich unterstützen, Blick und Perspektiven ändern und Felder schaffen für Lösungen und kreative Antworten auf die aktu- ellen Herausforderungen der Gesundheitspolitik im allge- meinen und der Gesundheitsberufe im besonderen. Bevor es also ans Feiern, an ein liebevolles, kleines Buf- fet, gute Getränke und informelle Gespräche geht, wird zu- sammen „gearbeitet“. Die drei Fragen des Abends, die in je drei Gesprächsrunden mit wechselnden Konstellationen dis- kutiert werden, lauten: 1. Was geht mir im Kopf herum in der alltäglichen Begegnung mit den Kollegen und Kolleginnen? 2. Wie kommen wir in ein leichteres Miteinander, das offen, wertschätzend und anerkennend ist? 3. Was könnten/sollten die weiteren Schritte sein? Als stille Beobachterin freue ich mich über das lebhafte Diskutieren im Dachraum der geschichtsträchtigen Villa Fal- kenhorst. Ich sehe, dass die junge Assistenzärztin sich genau- so einbringt wie der erfahrene Abteilungsleiter. Ich bin be- rührt, dass der niedergelassene Hausarzt seine ungebroche- ne Begeisterung für seinen Beruf ebenso leidenschaftlich the- matisiert, wie die Last der 120 PatientInnen, die er an man- chen Tagen zu behandeln hat. Da ist am einen Tisch die Rede davon, dass es Not tut, das Image der Allgemeinmedizin zu verbessern und am anderen, dass die heutige Absicherungs- medizin einen ungemeinen Druck auf alle erzeugt. Eine Run- de formuliert, dass es möglich sein müsste, eigene Schwä- chen zu thematisieren und sich Zweitmeinungen einholen zu können, und alle Runden sind sich einig, dass es mehr und vor allem direkte Kommunikation bei den Überweisungen braucht, mit ganz selbstverständlichem Feedback dazu: „Bit- te um Rücksprache oder Rückruf“. Da werdenWünsche nach „grenzüberschreitenden“ Aktivitäten wie Schitagen, Wande- rungen und Grillabenden formuliert und die Sehnsucht nach interdisziplinären Fachtagen und Fortbildungen. Und immer wieder geht es um Zeit: mehr Zeit für die PatientInnen, mehr Zeit für den direkten Kontakt zu den KollegInnen, mehr Zeit für Erholungsphasen. Mehr Zeit führt zu mehr Zufriedenheit im und mit dem Beruf und: zu mehr Qualität in der Arbeit. Eigentlich eine ganz klare Sache, denke ich, und im Stillen rechne ich durch: 8 Stunden durch 120 macht 15 PatientIn- nen pro Stunde, macht 4 Minuten pro PatientIn! Und selbst bei 10 oder 12 Stunden Arbeitstagen bleiben 5 bzw. 6 Minu- ten für jede Person, die mit einem eigenen Anliegen in die Praxis kommt ... Nach dem intensiven Austausch in den kleinen Gruppen, der für alle wie im Flug vergeht, versammeln sich die insge- samt 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer letzten Arbeitsrunde im Salon im Erdgeschoß. In diesem schönen Raum finden regelmäßig Hochzeiten und andere Festivitäten statt, heute ist es eine ganz besondere Feier, denn nun geht es ans „Ernten“. Die Essenz einer jeden „Art of hosting“ Veran- staltung ist nämlich die Ernte, das „harvesting good conver- sations“. „Was nimmst du mit? Was sind Impulse und Inspi- rationen, die du gerne umsetzen magst?“ fragt Karin Metzler in die Runde, und ergänzt: „Wir nehmen uns Zeit für die Ant- worten. Wie bei guter Musik lassen wir das, was jemand sagt, auf uns wirken. Und wir bringen nur das zur Sprache, was für uns wirklich wesentlich ist“. Wieder schreibe ich stichwortartig mit und wieder bin ich be- rührt von der Achtsamkeit, die im Raum liegt, auch wenn die eine oder andere Antwort zum Schmunzeln anregt. „Es ist bereichernd, wenn sich die verschiedenen Disziplinen treffen und nicht hier- archische Strukturen leben“, sagt einer, „aktiv aufeinander Zuge- hen ist die Devise“ eine andere. „Es lassen sich nie alle Proble- me lösen“, findet jemand, „aber mit Kommunikation kann man sie immer verbessern“. „Ich nehme mir vor, dass wenn ich Pati- enten überweise, das nach Möglichkeit telefonisch mache“ sagt eine weitere. „Jetzt, wo man sich gesehen hat, ist das auch einfa- cher“ formuliert ein anderer. „Ich werde wohl am Mentoring Pro- gramm der Ärztekammer teilnehmen müssen“, schmunzelt einer. „Sich gegenseitig ein guter Mentor sein, ist auch eine Möglich- keit“, findet der nächste. „Wir sind es gewohnt, viel Engagement für unsere Patienten aufzubringen, aber es braucht auch Enga- gement für die Begegnung der Ärzteschaft untereinander“ kon- statiert jemand, und „ich nehme mir vor, den Perspektivenwech- sel aktiv zu betreiben“ jemand anderes. „Es braucht als Kranken- haus-Arzt mehr Wertschätzung für die Niedergelassenen“ wird in den Raum gestellt. „Weiter so, Burschen!“ ruft einer der Hausärz- te, was nicht nur unter den anwesenden Ärztinnen zu einem lau- ten Lachen in der Runde führt. Stefanie Urban legt eine konkrete Schiene in die Zukunft. Sie wird dort, wo es bei der Überweisung und Kommunikation holpert, analysieren. Die Lösungen sollten gemeinsam erarbeitet werden. Wie wäre es mit einer Arbeitsgrup- pe von ÄrztInnen in der Praxis mit ÄrztInnen im Spital? Jedenfalls werden Primar Bach und sein Team mit „ÄrztInnen gemeinsam unterwegs“ unterstützen und dran bleiben. ☞ ARZT IM LÄNDLE 07/08-2018 | 11
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTY1NjQ=