AIL Juli/August 2018
C E T E R U M Im Juli mussten alle ordinationsführenden Ärztinnen und Ärz- te Vorarlbergs entsprechend der Qualitätssicherungsverord- nung 2018 der Österreichischen Ärztekammer das Evaluie- rungsprocedere absolvieren. Dabei mussten entsprechend internationaler Standards Fragen zu guter Ordinationsfüh- rung, Ausstattung, Hygiene, Notfallvorsorge, Personaleinsatz, Patientendokumentation, Befundverwaltung, Patientenkom- munikation und Patientenaufklärung, Patientensicherheit, Datenschutz, Beschwerdemanagement, Arzneimittel- und Verbrauchsmaterialmanagement, Suchtgiftbezug und Sucht- giftdokumentation, Barrierefreiheit der Ordination, Medizin produktemanagement sowie Brandschutz und Qualitäts managementaspekte beantwortet werden. Im Auftrag des Hauptverbandes der Österreichischen Sozi- alversicherungsträger publizierte das Institut für höhere Studi- en (IHS) im April dieses Jahres eine Studie zur „Qualität in Arztpraxen, Ärztliche Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich“ (Autoren: Czypionka, Fößleitner, Six). Rechtzeitig vor dem Start des inzwischen 3. Evaluierungszyklus niedergelasse- ner Praxen diente diese Studie der ARGE Patientenanwälte als Grundlage für eine APA-Meldung am 29.6.2018 mit dem Titel „Patientenanwälte in Sorge um Qualität in Arztpraxen“ mit dem Untertitel „niederschmetterndes Zeugnis“. Mit dieser Schlagzeile wurde bewusst gegen die Qualitätssicherung durch die ÖQMED polemisiert und für den unkritischen Leser die Qualität in den Arztpraxen kritisiert. Diese wird in der Studie jedoch nicht in Frage gestellt. Inhalt der Studie ist ein Vergleich der Qualitätssicherungssysteme in Deutschland, Frankreich, Niederlande, England, Österreich und Neuseeland. Da die ÖQMED eine Tochter der Österreichischen Ärztekam- mer ist, wird die Durchführung der Qualitätssicherung im Kompetenzbereich der Standesvertretung und die angeblich fehlenden Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung der Qualitäts- indikatoren und der Fortbildungspflicht kritisiert.Weiters wird Kritik an der Art der Fragestellung beim Selbstassessment und das angebliche Fehlen des Einbezugs von PatientInnenperspek- tiven geübt. Die im Internet abrufbare, sprachlich und formal schlam- pig erstellte Studie beruft sich lediglich auf Daten bis 2012. Die seit 1.1.2018 geltende aktuelle QS-Verordnung wurde nicht be- rücksichtigt. Die Studie ignoriert, dass es in Österreich klar strukturierte Vorgaben für die ärztliche Fortbildung gibt, die Erfüllung der ärztegesetzlich normierten Fortbildungspflicht stellt eine Berufspflicht dar! Die Erfüllung dieser muss jeder zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Arzt der Österrei- chischen Ärztekammer regelmäßig nachweisen, da andernfalls entsprechende Sanktionsmechanismen (Disziplinarrecht) greifen, die bis zum Entzug der Berufsberechtigung führen können. Bei der letzten Evaluierungswelle der ÖQMed hat das Evaluierungskriterium „Fachliche Qualifikation“ (Anm. im Rahmen dieses Kriteriums wird die Fortbildungspflicht evalu- iert) dazu geführt, dass etliche Ordinationsinhaber ihre Ordi- nationen wegen Nichterfüllung geschlossen haben. Der Sprecher der ARGE Patientenanwälte, Dr. Gerald Bachinger, sitzt seit Jahren im wissenschaftlichen Beirat der ÖQMED. In diesem Gremium hat jeder die Möglichkeit, zur weiteren Verbesserung der Qualitätssicherung beizutragen. Nach meiner Information wurden in den letzten Jahren offen- bar alle Beschlüsse im wissenschaftlichen Beirat einstimmig gefasst, somit auch mit Zustimmung des Vertreters der ARGE Patientenanwälte. In allen in der Studie angeführten Staaten gibt es immer wieder Kritik an der Qualitätsarbeit. Die Kritik wird in allen Staaten dazu eingesetzt, um die politisch Verantwortlichen zu motivieren, die ärztliche Arbeit mittels Gesetzgebung zu beein- flussen und deren Standesvertretung zu schwächen. InDeutsch- land gibt es mehrere Institutionen und Firmen, die sich mit Qualität im Gesundheitsbereich beschäftigen. Das ist ein nicht unbedeutender Markt, ein Geschäft. Für dieses Geschäftsmo- dell gibt es auch in Österreich Interessenten. Wir haben dem Vorarlberger Patientenanwalt Mag. Wolf unser Unverständnis über die Öffentlichkeitsarbeit der ARGE Patientenanwälte mitgeteilt. Eine nachvollziehbare Antwort zur politisch motivierten Öffentlichkeitsarbeit haben wir noch nicht erhalten. Trotz öffentlicher Diskussionen führt an der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und des Qualitäts- managements kein Weg vorbei. Nur die Aufrechterhalten und Weiterentwicklung einer hohen Qualität wird sich im Gesund- heitswesen durchsetzen, die Ärztekammer wird sich weiterhin engagieren. Ihr Präsident MR Dr. Michael Jonas Qualitätsevaluierung der Ordinationen ARZT IM LÄNDLE 07/08-2018 | 3
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTY1NjQ=