AIL November 2018
mer wieder zwischen den beiden Behandlungszimmern hin und her gewechselt ist. Einmal hat er sogar zwei Patienten parallel be- handelt, da er bei einem erst den Bluttest abwarten musste, den seine Assistentin durchführte. Es werde heute nicht so viel lau- fen, wie zu Spitzenzeiten, sagt der 58-Jährige. Aber wissen könne er es nicht, denn seine Praxis ist keine Bestellpraxis, sie hat kein Terminsystem und die Leute kommen stets spontan vorbei. „Das liegt mir mehr, ich bin eher der Improvisierende“, sagt Peter Pir- cher schmunzelnd, ihn stresse es mehr, wenn er von vornherein mit einem fixen Terminkalender konfrontiert sei. Das Back-Office Bei der kurzen Kaffeepause zwischen 9.05 und 9.15 Uhr – „die muss sein, die gönnen wir uns eigentlich immer, wenn es irgend- wie geht“ – treffe ich in der engen Teeküche auf Peter Pirchers Team. Es besteht aus seiner Frau Gabriele, einer ausgebildeten Krankenschwester, die von Beginn an mit ihm gemeinsam die Praxis betreibt und aus zwei fixen Ordinationsassistentinnen, von denen Simone Hämmerle seit beinahe 20 Jahren bei ihm tä- tig ist. Heute hat aber Daniela Domig Dienst. Die drei sind ein eingespieltes Team. Während Peter Pircher in seinen beiden Be- handlungszimmern die PatientInnen alternierend untersucht, übernehmen Gabi und seine Assistentinnen das Back-Office, also die Rezeptverschreibungen, die Überweisungen, die allge- meinen Büroarbeiten, die Betreuung der Wartenden, aber auch die Langzeitbehandlungen und Kontrollen in den hinteren bei- den Behandlungszimmern, in denen Elektrotherapien, Infusio- nen, Verbandswechsel, Blutabnahmen, Urinproben, Messungen von Zuckerwerten u.a. durchgeführt werden. Normalerweise be- sprechen die drei in der Kaffeepause die aktuellen Fälle, weil aber heute ich da bin, geben sie mir einen kurzen Überblick über ih- ren Berufsalltag. Ca. 2.000 Patienten und Patientinnen Man habe einen Stamm von ca. 2.000 KernpatientInnen und be- treue gemeinsam an „nicht ruhigen Herbsttagen“ durchschnitt- lich 110 bis 120 Patienten und Patientinnen, wenn die Praxis vormittags und nachmittags offen ist. „Die Anzahl an Patienten ist aber nicht gleichzusetzen damit, wie gestresst man sich fühlt“, sagt Gabriele Pircher. Manche Patienten bräuchten auch eine psychische Betreuung, was einem nahe gehe, andere seien domi- nant und forderten viel, was einen unter Druck setze. „Man be- kommt die Patienten, die man verdient“, merkt Peter Pircher mit einem Augenzwinkern an. Von den täglich in der Praxis vorbei- kommenden Personen sieht er jeweils Zweidrittel, die anderen werden von Gabriele und Daniela/Simone betreut. Und an ei- nem Mittwoch wie heute, wo die Praxis nur am Vormittag offen ist, steht für Peter Pircher nach dem Mittagessen der wöchentli- che Besuch im Altersheim an, in dem er – wie seine beiden Haus- arztkollegen – für je 15 Senioren und Seniorinnen zuständig ist. Danach wird er bis 18 Uhr noch 5-10 Hausbesuche machen. Work-Life-Balance Trotz dieses enormen Pensums sagt Peter Pircher: „Ich habe eine sehr gute Work-Life-Balance.“ Und er sagt auch: „Ich habe das Gefühl, dass ich effektiv arbeite und trotzdem auf die Patienten eingehe.“ Er erzählt mir von durchschnittlich 7,5 Minuten Zeit pro Patient oder Patientin, die er sich mal ausgerechnet habe. Und er erklärt zu meinem Erstaunen, er habe eine 40-Stunden- Woche. Hinzu kommen allerdings noch drei Nachtdienste so- wie ein fixer Wochenenddienst im Monat. Er finde aber nicht, dass er zu wenig Freizeit habe. Die Situation in Frastanz mit drei PraktikerInnen im Dorf und sieben im Sprengel sei optimal. „Es sind nicht zu viel und nicht zu wenig Ärzte. Alle haben gut zu tun, sind aber nicht überlastet.“ Ausschlaggebend für seine ei- gene Zufriedenheit im Beruf ist zudem, dass er die Arbeit auch nach drei Jahrzehnten immer noch absolut interessant findet. „Für mich ist die Arbeit mit den Patienten sehr befriedigend, vor allem weil ich von den meisten ihre Hintergründe kenne, ihre familiäre Situation, ihre persönlichen Nöte und privaten The- men.“ Peter Pircher ist heute der einzige der drei praktischen Ärzte, der auch seinen Wohnsitz in Frastanz hat. „Ich bin ger- ☞ Das Praxisteam (von oben nach unten): Dr. Peter Pircher, Gabriele Pircher und Daniela Domig sowie Simone Hämmerle ARZT IM LÄNDLE 11-2018 | 11
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