AIL Dezember 2018

„Im wesentlichen sind es drei große Themen: 1. Leistungsharmonisierung: In Vor- arlberg sind die Tarife gegenüber den östlichen Bundesländern hoch. Dies ist den Lebenserhaltungskos- ten und den Praxiskosten geschul- det. In Vorarlberg sind 80 Prozent aller Praxen Wahlpraxen. Sollte nun eine Leistungsharmonisierung nach unten erfolgen, würden sich die Selbstbehalte für den Patienten drastisch erhöhen. 2. Eine Leistungsharmonisierung, welche sich nach unten orientiert, würde zwangsläufig zur Niederlegung der Kassenpraxen führen. Dies würde bedeuten, dass die Physiotherapie zu einem Luxusartikel wird, welcher nicht mehr von allen Patienten in Anspruch genommen werden kann. 3. Die Bewilligungsverfahren können nur komplizierter werden und länger andauern. Dies, da nun ja eine Kasse die Arbeit von vielen Kassen übernehmen soll.“ Martin Steiner, Physiotherapeut mit freier Praxis in Bregenz, Obmann Stellvertreter, Physio Austria Vorarlberg und MTD Delegierter Welche Auswirkungen und Veränderungen sehen Sie für Ihre Berufsgruppe im Zusammenhang mit der von der Regierung geplanten Reform der Sozialversicherungsträger? ländlich geprägte). Zentralisierte Dienste sind erfahrungs- gemäß telefonisch oft sehr schlecht erreichbar, z.B. lange Telefonwarteschleifen. Es besteht die Befürchtung, dass die Qualität der Heilbehelfe, z. B. Verbandsmaterial, zu Gunsten günstiger Einkaufspreise vernachlässigt wird. Es besteht die Befürchtung, dass es für die Patienten/Ange- hörigen mehr Auflagen und Aufwand bedeutet, die Heil- behelfe zu organisieren. Zur Zeit gibt es die Vereinbarung zwischen VGKK und HKP, dass jeder Stützpunkt die Möglichkeit hat, einen sog. ‚Wundkoffer’ (spezielles Mate- rial zur Wundversorgung) vor Ort zu haben. Somit ist die Kontinuität der Versorgung speziell bei Patienten mit Wunden gewährleistet. Es besteht die Sorge, dass diese Vereinbarung bei der Zentralisierung aufgelöst wird, wo- durch die Kontinuität der Versorgung nicht mehr gewähr- leistet ist – zum Nachteil der Patienten.“ DGKP Gerda Kauer: zertifizierte Case- und Care-Managerin, Häuser der Generationen Götzis und Koblach DGKP Judith Nachbaur: Pflegeleitung Hauskrankenpflege (HKP) Egg und Andelsbuch, zertifizierte Case- und Care-Managerin Martin Steiner „Zur Zeit ist der Zu- gang für die Pati- enten zu den ver- ordneten Heilbe- helfen (Badelifter, Rollstuhl, usw.) in der Hauskranken- pflege bei der VGKK sehr nie- derschwellig. Das heißt, der verordnete Heilbehelf kann direkt mit dem Verordnungsschein vor Ort bei der VGKK in Dornbirn abgeholt werden, sodass der Heilbehelf am gleichen Tag beim Patienten sein kann. Aus unserer Sicht (Case Ma- nagement und HKP) besteht die Befürchtung, dass dies durch die Zentralisierung nicht mehr so niederschwellig, unbürokratisch und schnell geht. Bei Nachfragen oder Unklarheiten gibt es bei der VGKK direkte Ansprech­ personen vor Ort, die sofort erreichbar sind und die Un- klarheiten auf schnellstemWege beseitigen. Dies bedeutet eine hohe Versorgungsqualität, Verfügbarkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit bei der Betreuung und Pflege von Pa- tienten der HKP. Unsere Sorge ist, dass es keine entschei- dungsberechtigten Ansprechpersonen vor Ort gibt, die sich mit den örtlichen Gegebenheiten auskennen (z.B.: das großstädtische Umfeld ist ein ganz anderes als das Gerda Kauer Judith Nachbaur „Wir freiberuflich tätigen Logopäden und Logopädinnen im Land schätzen die aktuell sehr gute Zusammenarbeit mit der VGKK. So können Patienten­ anliegen, Bewilligungen, Hausbesuche, etc. persönlich besprochen werden und wir Therapeuten fühlen uns ge- hört und verstanden. Mit der geplan- ten Zentralisierung stellt sich nun die Frage, wie das in Zukunft ablaufen wird, wenn Entscheidungen in Wien und nicht mehr in Feldkirch, Dornbirn, etc. getroffen werden. Was wir be- fürchten, sind tarifliche „Harmonisierungen“, die bei den hohen Lebenshaltungskosten im Ländle eine völlig andere Situation in Hinsicht auf den Erhalt einer Praxis darstellen, als es bei selbigem Tarif für andere Bundesländer sein mag. In letzter Konsequenz steht dahinter die Qualitätssiche- rung, der wir immer sehr hohen Wert beigemessen haben. So haben wir mit der VGKK beispielsweise Qualitätsstan- dards festgelegt, die es in anderen Bundesländern nicht gibt. Steigen für uns die Praxiskosten, weil die Tarife nied- riger sind, können weniger Fortbildungen besucht werden und leidet im schlimmsten Fall die Qualität für den Pati- enten darunter. Um dem möglichst gegenzusteuern, ist es wichtig, Kompetenzen im Land zu behalten, die Entschei- dungsfähigkeiten der Kassenstellen vor Ort erlauben.“ Melanie Gassner: Vertreterin der freiberuflich tätigen Logopädinnen und Logopäden in Vorarlberg, selbst in eigener Praxis als Logopädin in Feldkirch Jutta Trippl-Umschaden: freiberufliche Logopädin, führt u.a. die Tarifverhandlungen mit der VGKK Melanie Gassner ☞ ARZT IM LÄNDLE 12-2018 | 9

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