AIL Jänner/Februar 2020

C E T E R U M Sie sind nun seit November neue Gesundheitslandesrätin, wie haben Sie die ersten Monate erlebt? Die ersten zwei Monate waren sehr intensiv, aber ich konnte mir bereits einen guten Einblick in mein neues Aufgabengebiet verschaffen. Ich bin zuständig für Gesundheit, Sozialpsychiatrie und Sucht, die Sanitäts- abteilung, Chancengleichheit und Behinderung, Sport sowie Lebens- mittelsicherheit und Konsumentenschutz. Wichtig ist, dass ich in allen diesen Bereichen sehr engagierte und motivierte MitarbeiterInnen antreffe – ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit. Sie sind selbst keine Ärztin, was bedeutet das für Sie als Gesundheitslandesrätin? Selbst keine Ärztin zu sein, bedeutet einerseits, dass ich in medizini- schen Fragen zusätzlich fachliche Expertise brauche, andererseits kann ich so sehr frei ohne „Tunnelblick“ auf Herausforderungen reagieren. Ich bin in den Krankenanstalten für rund 800 ÄrztInnen, 2.200 Pfle- gekräfte und 1.900 MitarbeiterInnen in weiteren Gesundheitsberufen und der Verwaltung zuständig und versuche, sie alle gleichermaßen zu vertreten. Bauen Sie auf Ihren Erfahrungen alsVP-Gesundheitssprecherin auf? Ja, in den vergangenen fünf Jahren durfte ich als Abgeordnete eng mit meinem Vorgänger Christian Bernhard zusammenarbeiten, den ich sehr schätze und der ja weiterhin in der Sanitätsabteilung beschäftigt ist. In vielen Sachfragen konnte ich so vertiefte Informationen sam- meln. Zusätzlich habe ich aus meiner Zeit der Tagungsorganisation viele Kontakte in die Ärzteschaft und natürlich auch durch mein familiäres Umfeld. Was würden Sie als große Herausforderungen im Gesundheitsbereich bezeichnen? Aus meiner Sicht müssen wir dringend die Eigenverantwortung für Gesundheit wieder stärken. Primäres Ziel sollte es sein, die eigene Ge- sundheit zu schätzen und zu fördern. Das beginnt bereits bei den Kin- dern: wenn sich schon Kinder wenig bewegen und falsch ernähren, wird dies ihre spätere Gesundheit stark beeinflussen. Im Krankheitsfall müssen wir eine wohnortnahe medizinische Versorgung in bester Qualität sicherstellen. Wir brauchen also – trotz der Alterspyramide in unserer Gesellschaft – ausreichend ÄrztInnen und Mitarbeiterinnen in Gesundheits- und Pflegeberufen, um dies ge- währleisten zu können. Bei PatientInnen sollten wir das Bewusstsein für die Versorgungspyramide wieder stärken: besonders die Hausärz- tInnen sollten als kompetente und vertrauensvolle erste Anlaufstelle gesehen werden. Schlussendlich wird uns die Finanzierung von MitarbeiterInnen, In- frastrukturen und Medikamenten fordern.Wir müssen sicherstellen, dass Kostensteigerungen im erwartbaren Aus- maß bleiben und die Mittel der Steuerzah- lerInnen zielgerichtet eingesetzt werden. Was möchten Sie in der kommenden Periode im Gesundheitsbereich umsetzen? Eine wichtige Aufgabe wird die Weiter- entwicklung unserer Spitalslandschaft sein. Wir haben nicht zu viele Kranken- häuser und auch nicht zu viele Betten, aber wir müssen – gemeinsam mit den beteiligten MitarbeiterInnen – Schwer- punkte setzen und genau überlegen, wel- che Leistung in welchem Krankenhaus er- bracht werden soll. Ziel ist eine bessere Vernetzung der Häuser und ein Umbau unserer Häuser in ein großes virtuelles Spital, dessen Abteilungen eben auf meh- rere Standorte in Vorarlberg verteilt sind. Zusätzlich zu dieser Aufgabe lege ich großen Wert auf den Ausbau von Gesundheitsvorsorge und –förderung – wenn wir so lange wie möglich gesund bleiben, hilft uns das allen am meisten. Hier gilt es, die beste- henden Präventionsmaßnahmen ressortübergreifend zu erfassen, zu evaluieren, also Lücken bzw. Doppelgleisigkeiten zu erkennen und ent- sprechend weiter zu entwickeln. Und ein wichtiger Schwerpunkt ist für mich auch die „digitale Gesundheit“ – also welche digitalen Angebote können uns helfen, län- ger gesund zu bleiben, wieder gesund zu werden oder mit Krankheiten besser zu leben. Sie sind ja im Gesundheitsbereich für die Spitäler zuständig, der niedergelassene Bereich liegt in der Selbstverwaltung von Ärztekammer und Sozialversicherungen. Welche Schnittstellen sehen Sie hier? Ja, das ist richtig. Ich möchte wie in der Vergangenheit auf dem beste- henden guten Austausch weiter aufbauen und gemeinsam mit allen SystempartnerInnen gute Lösungen für die Vorarlberger Bevölkerung – aber auch für die Vorarlberger ÄrztInnen erarbeiten. Diese Lösungen werden wir mit Wertschätzung und auf Augenhöhe gemeinsam entwi- ckeln, und diese Partnerschaft möchte ich gerne ausbauen. Teil 2 des Interviews folgt in der nächsten Ausgabe „Arzt im Ländle“. Ihr Präsident MR Dr. Michael Jonas Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher, MBA und MSc im Interview – Teil 1 Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher, MBa und Msc, von 2014-19 ÖVP- abgeordnete zum landtag, Gesundheitssprecherin und zweite Vizepräsidentin des landtages ab 2018 Arzt im LändLe 01/02-2020 | 3

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