AIL Dezember 2020

E in besseres Verständnis der Komplexität und der Funkti- onalität von ILS und ELS er- öffnet neue Möglichkeiten bei the- rapeutischen Optionen des Dick- darmkrebses und kann im Rahmen der personalisierten Medizin Hil- fe bei Behandlungsentscheidungen bieten. Eine neue, von ForscherIn- nen der MedUni Wien veröffent- lichte Studie identifiziert isolierte lymphatische Strukturen im nicht- tumorösen Darmgewebe als neue prognostische Akteure, welche die Pathobiologie, also die Grundlagen und Mechanismen der Krankheit, des metastasenbildenden Dick- darmkrebses steuern. Die im sich rasch entwickelnden Gebiet der Immuno-Onkologie ge- sammelten Daten weisen den Tu- mor-infiltrierenden B-Zellen eine bedeutende Mitwirkung bei der An- ti-Tumor-Immunität zu. Ein we- sentlicher Aspekt, der die B-Zellbio- logie, die adaptive Immunität und den Entzündungsprozess mit der Mikroumgebung des Tumors ver- bindet, beruht auf der einzigarti- gen Fähigkeit der B-Zellen zur Bil- dung von ELS. Von zentraler Bedeu- tung sind dabei die Reaktionen des Keimzentrums, die die koordinierte Aktion verschiedener Immunzellty- pen umfassen, wobei den B-Zellen eine zentrale Rolle zukommt. Für ein Verständnis der ELS in soliden Tumoren ist es wichtig, zu beachten, dass es Gewebearten gibt, in denen lymphatischen Struktu- ren physiologisch vorkommen um ein wichtiges Gleichgewicht zwi- schen wirksamer und schützender Immunantwort und Selbst-tole- ranz zu erfüllen. „Dies gilt für Orga- ne mit spezialisierter Immunität an Epithel-Barrieren. Zu diesen gehört auch das mit dem Darm assoziierte lymphatische Gewebe, in welchem den ILS eine bedeutende Rolle zu- kommt“, betont Studienleiterin Di- ana Mechtcheriakova, Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Sys- tembiologie und Pathophysiologie am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien. „Wir wollten daher untersu- chen, ob es einen Zusammenhang zwischen den patientenspezifischen Merkmalen vorgebildeter isolierter lymphatischer Strukturen (ILS) im nicht-tumorösen Dickdarmgewebe und der Krankheitspathobiologie bei PatientInnen mit metastasieren- dem Dickdarmkrebs gibt.“ In dieser Studie setzte das inter- disziplinäre Forschungsteam eine neu entwickelte integrative Strategie namens DIICO ein („From Digital Immune Imaging to Clinical Out- come“/von der digitalen Immunab- bildung bis zum klinischen Ergeb- nis). DIICO basiert auf der digitalen Gewebebild-Zytometrie, die es er- möglicht, die im Gewebe verschlüs- selten Informationen über Immun- Neuer prognostischer Ansatzpunkt bei Dickdarmkrebs identifiziert Das mit dem Darm assoziierte lymphatische Gewebe stellt einen wesentlichen Bestandteil der körpereigenen Immunabwehr dar. Besonders hervorzuheben sind dabei die isolierten lymphati- schen Strukturen (ILS). Im Rahmen einer Krebserkrankung werden zudem am Tumorort die so genannten ektopischen lymphoiden Strukturen (ELS/auch bekannt als tertiäre lymphatische Strukturen, TLS) ausgebildet. Sowohl ILS als auch ELS fungieren als sogenannte Multitasking- Informationszentren, die facettenreiche Immunantworten auslösen. zellen und Gewebestrukturen in nu- merische Daten umzuwandeln und einen Abgleich mit krankheitsrele- vanten Parametern durchzuführen. Die Studie beinhaltet weiters eine B- Zell-Klonalitätsuntersuchung (Un- tersuchung auf das Vorliegen eines vielfältigen/polyklonalen oder ho- mogenen/monoklonen Antikörper- Repertoires) sowie eine Analyse von Omics-Daten. Die AutorInnen konnten nach- weisen, dass die Eigenschaften von ILS im nicht-tumorösen Dick- darmgewebe den Immunphänotyp von ELS an primären und metasta- senbildenden Stellen festlegen. Sie entdeckten, dass mit B-Zellen an- gereicherte und eine starke Zellp- roliferation ausweisende, lymphoi- de Strukturen ein Anzeichen für ein verbessertes klinisches Ergebnis bei PatientInnen mit metastasiertem Dickdarmkrebs sind. „Die aus die- ser Studie gewonnenen Erkenntnis- se erweitern unser Verständnis über die Wechselbeziehungen zwischen Tumor und Immunsystem und len- ken besondere Aufmerksamkeit auf die Immunantwort gegen den Tu- mor, die von isolierten lymphati- schen Strukturen außerhalb des Tumorgewebes gesteuert wird“, so Mechtcheriakova. Ärztekammer Vorarlberg www.arztinvorarlberg.at AUS DER MEDI Z IN 20 | ARZT IM LÄNDLE 12-2020

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