Für ein heilsames Miteinander - Buch 1: Expedition in neue Felder
138 139 Wie machen wir uns gegenseitig Mut, hinzuschauen, auch bei Mustern und Dynamiken, die das Kammerwesen betreffen? Wie mache ich klar, dass wir die gemeinsame Intelligenz für den Weg brau- chen? Dass es keine strahlende Lichtfigur gibt, die sagen kann, wo es entlang geht? Und dass wir den Weg gemeinsam in der passenden Gangart finden müssen? Wie mache ich klar, dass das Ganze keine Anstrengung sein muss? Wir könnten uns leicht und lösungsorientiert die Bälle zuwerfen! Wir hören auf, in Fragmentierungen zu denken. Wir lernen die Sprache der anderen. Die Frage der Wahl ist: Aufgeben oder weitergehen? Wir haben uns längst entschieden, und zwar fürs Weitergehen auf einem unbekannten wilden, doch wertschätzendem Weg. Statt schwerer und zu viel salzloser Kost wäre Betrachten und Feiern angesagt gewesen. Das Betrachten und Feiern der Meilensteine sind das Salz und der Pfeffer … Geduld, Geduld, Geduld WO SIND DER PFEFFER UND DAS SALZ IN DER SUPPE? INNERER MONOLOG DER PROZESSLEITERIN Luftzug. Verkühlung und Zeichen der Erschöpfung. Gibt es diesen unausgespro- chenen Druck im Kernteam „weiter liefern zu müssen“ oder bilde ich mir den nur ein? Nach den anstrengenden Monaten hätte uns Betrachtung und ruhiges Ver- weilen gutgetan. Im Prozessjargon heißt das zu evaluieren und zu feiern, in der Medizin „Gesundheitscheck oder Kontrolle“ oder einfach nur "Ferien und Erholungszeit". Unser Navigationsinstrument, „Die Welle“, blinkt auf Rot. Die Phase sieben, nämlich Evaluation und Feiern, haben wir ignoriert. Wir nehmen die Symptome nicht ernst. Wir schauen nicht auf unsere Gesund- heit. Die Menschen in unserem Kernteam, ÄrztInnen, sind konsequente, harte ArbeiterInnen. Eine Verkühlung ist für sie kein Grund, langsamer zu gehen oder gar das Bett zu hüten. Eine Kammer, die Ärztekammer, öffnet die Fenster. Durch Öffnung ent- steht Luftzug. Luftzug kann krank machen. Worum geht es? Wir sind miteinander auf dem Weg. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen von den Wegen. Manche wünschen sich eine Bergroute, andere Autobahnen, die einen träumen von Waldwegen und wilden Gärten, also Wildwuchs, die anderen bekommen Panik vom Wildwuchs und stimmen für genau geplante geometrische Parks. Wie mache ich klar, dass wir alle diese Wege und Räume brauchen, dass es da nichts zu entscheiden gibt? Und dass wir sie tatsächlich alle gehen und betreten müssen? Dass es dabei keine Abkürzungen gibt? Im Gegenteil: Wir brauchen mehr Stille und Stopps. Umwege erweitern die Ortskenntnis. Haben wir alle den Atem, die Konstitution und die Ausrüstung für die unterschied- lichen Wege? Unbekannte Wege machen vielen Menschen Angst. Ein offener Prozess ist immer ein Weg mit vielen Unbekannten. Freude, Erfolge, Ohnmacht, Ärger und Müdigkeit fallen manchmal wie Überraschungen auf den Weg. Das zuzugeben und offen darüber zu reden, das wäre neu. Das bräuchte Mut. Weckt dieses An- sinnen vielleicht neuen Unmut? Ich bin verletzlich. Wir sind alle verletzlich. Wie schaffen wir es, aus der Angst, dem Druck und der Konkurrenz auszusteigen? Menschen vergleichen sich. ÄrztInnen in den unterschiedlichsten Arbeits- feldern vergleichen sich. Vergleiche werten immer jemanden ab. Entweder wertest du dich selbst ab oder den anderen. „Du bist Okay, ich bin Okay“. So einfach, so schwer. Wie mache ich Mut, dass wir alle die eigenen Muster und Dynamiken hinter- fragen? Expedition – Kernteam-Tagebuch Expedition – Kernteam-Tagebuch Wenn man schnell vorankommen will, muss man allein gehen. Wenn man weit kommen will, muss man zusammen gehen. Sprichwort der Aborigines
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