Für ein heilsames Miteinander - Buch 1: Expedition in neue Felder
24 25 Strategie spiegelt Haltung Strategie spiegelt Haltung DIE AUSGANGSLAGE ODER DIE VERSTÄNDIGUNG ÜBER DEN „SENSE OF URGENCY“ Sämtliche für sich isolierten Verantwortungsfelder (Soziales, Wirt- schaft, Ökologie, Kultur, Politik) stoßen zwangsläufig an ihre Grenzen. Das bisher gut aufgestellte Gesundheitssystem in Vorarlberg muss sich laufend neuen Herausforderungen stellen. Das zeigt(e) sich beispielsweise: im Ärztemangel in Vorarlbergs Spitälern dem Handlungsbedarf in Bezug auf die praktischen Ärzte den überbordenden Verwaltungstätigkeiten den Begehrlichkeiten der PatientInnen im Sinne einer perfekten Service- und Reparaturmedizin in den damit anfallenden explodierenden Kosten. Der einzelne Arzt, die Ärztin sieht sich zunehmend nur noch als aus- führende medizinische Fachkraft. Gesundheitspolitische Perspektiven und Entscheidungen, die gesamte medizin-ökonomische Verantwor- tung, Kostenströme, Schwerpunktsetzungen, Gelder für Innovation und Behandlungsleitlinien usw. sind mittlerweile fast ausschließlich in der Verantwortung von Spitalsmanagern, Versicherungsträgern und GesundheitspolitikerInnen. Sicht- und spürbar ist das in Österreich zum Beispiel in der Situation rund um „ELGA“ oder die Landes-Ziel- steuerungskommisssionen. Für die ÄrztInnen ist diese Situation teilweise unverständlich und unbefriedigend, sehen sich doch immer mehr ÄrztInnen auch in einer gesellschaftlichen Verantwortung, am gesundheitlichen Umfeld gestalterisch mitzuwirken. Warum ist die laufende Kommunikation, Kooperation und Ein- bindung aller WissensträgerInnen nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig? Die PolitikerInnen stehen meist im Zugzwang der kurzfristigen, „gut verkaufbaren Erfolge“. Jede Gruppe für sich scheint vor allem die eige- ne wirtschaftliche Perspektive im Blick zu haben. Wer denkt über langfristige und damit nachhaltige, ganzheitliche ge- sundheitspolitische Konzepte und Lösungen nach, um die zukünftigen Herausforderungen zu meistern? Wo ist die gesundheitspolitische Vorreiterrolle Vorarlbergs (vgl. Mutter-Kind-Pass; Vorsorgeuntersuchungsprogramme usw.) in den letzten zwanzig Jahren geblieben? Welche Konsequenzen haben laute Fragen? STRATEGIE SPIEGELT HALTUNG STRATEGIE - EINE SPANNENDE KULTURTECHNIK? Voraussetzung dafür, dass konkrete und langfristige Ziele umgesetzt werden können, sind engagierte Menschen. Menschen, die sich ge- meinsam auf den Weg machen, sind sich für gewöhnlich darüber einig, wohin die Reise gehen soll. Ohne Bilder vomWarum und Wohin würde bei den ersten Durststrecken die Expedition abgebrochen werden. Die meisten Ziele werden aufgegeben, wenn es schwierig wird, wenn dahinter kein Bild ist, wofür sich die Anstrengung lohnt. Für etwas, das Sinn macht, sind wir bereit, uns in den Dienst zu stellen. Damit wir unser Potential verwirklichen und mehr als unse- ren Alltagsnotwendigkeiten nachgehen, brauchen wir eine Vision. Sie beinhaltet das Warum auf der nicht-materiellen Ebene, also auf der Sinnebene. Das „Herz“ jeder Strategie ist die Vision. Die Haltungen und die Werte sind der „gute Geist“, von denen eine Vision getragen wird. Mit Strategie sind im Folgenden die Methoden, also die Art und Weise unseres Vorgehens und die dafür verwendeten Werkzeuge ge- meint. Eine tragfähige Strategie richtet ihren Blick auf Strukturen und Mus- ter sowie auf Inhalte. In diesem Zusammenspiel sind Vision, Werte- arbeit, deren Herausforderungen und Umsetzung zu verstehen. Strategie ist jedoch mehr als eine Kulturtechnik. Sie können uns glauben, es ist eine wirkliche Herausforderung, plura- listische Sichtweisen bewusst mit den Auswirkungen aufs Ganze - das sogenannte Big Picture - im Herzen und im Kopf zu haben und dabei klar zu bleiben. Eine ganzheitliche Strategie ist insofern wirklich schlau. Im Prozess der Ärztekammer von Vorarlberg geht es immer auch um die Zielfragen: „Wie gelingt eine gesellschaftliche, identitätsstiftende Wertschöpfung, d.h. wie entdecken wir das gemeinsame Potential?“ und „Wie gelingen zukunftsbildende next-practice Lösungen statt best practice Lösungen?“. Auf den folgenden Seiten stellen wir eine Auswahl von Werkzeugen (im Sinne von gedanklichen Instrumenten) vor, die uns praktisch und hilf- reich im Visionsprozess unterstützen. Kalkül, Taktik, Gerissenheit, „wissende“ überhebliche Über- legenheit und Raffinesse sind etwas anderes als eine ganz- heitliche Strategie. Der Geist des Abstrahierens nährt das totalitäre System. Gabriel Marcel Juli und September 2014 Büro metzler | partner Vorstand der Ärztekammer von Vorarlberg — — — — — Für die Gesellschaft liegt wertvolles ärztliches system- bezogenes Wissen brach.
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