Für ein heilsames Miteinander - Buch 2: Feldstecher
164 165 Frage: Seit der ersten Klausur sind ein- einhalb Jahre vergangen, wo steht der Prozess Ihrer Meinung nach im Moment? Dr. Michael Jonas: Gut Ding braucht Weile. Meiner Einschätzung nach stehen wir vor der Umsetzung wichtiger Projekte für den ärztlichen Nachwuchs, z.B. dem Mentoring. Frage: Wie geht es Ihnen mit den im Prozess verwendeten Methoden? (z.B. Art of Hosting und dabei Arbeit in Kleingrup- pen, Dialog, Inputs über Story-Telling von Externen) Dr. Michael Jonas: Ich muss zugeben, dass mir die dafür erforderliche Disziplin anfänglich schwer gefallen ist und ich muss mich immer wieder zurücknehmen. Aber für den Prozess sind diese Methoden fruchtbringend und für die Gemeinschaft und den Fortschritt des Prozesses sehr positiv. Frage: Wie nehmen Sie die Ärzteschaft in Vorarlberg wahr? Hat der Prozess Ihnen neue Sichtweisen eröffnet? Dr. Michael Jonas: Die Wahrnehmung der Ärzteschaft hat sich nicht verändert, aber ich habe über die verschiedenen Bereiche unseres Berufs mehr erfahren und einen tieferen Einblick in die Sorgen und Nöte sowie die Wünsche bekommen. Konflikte wurden diskutiert und ausgetragen und dadurch auch überwunden. Das kreative Potential in der Kollegenschaft ist enorm und bei entsprechender Zielsetzung auch die Bereitschaft zum Engagement über den fordernden ärztlichen Alltag hinaus. Frage: Was sind Ihre eigenen, persönli- chen Learnings? Dr. Michael Jonas: Wie Neues in die Standesvertretung kommt, wie Krea- tives generiert werden kann, was man von anderen Gesundheitsberufen, von anderen gesellschaftlichen Kräften wie Wirtschaftstreibenden und Angestellten in nicht ärztlichen Berufen, Regionalpoliti- kern lernen kann. Frage: Warummacht es Ihrer Meinung nach Freude, Arzt in Vorarlberg zu sein? Dr. Michael Jonas: Wir haben in Vorarl- berg im Vergleich mit anderen Bundes- ländern und auch mit unseren Nach- barstaaten relativ gute Bedingungen erarbeitet, sowohl im angestellten wie im niedergelassenen Bereich und wir pflegen das Gespräch mit allen Entscheidungs- trägern. Wenn wir einmal von unserem täglich erlebten Optimierungsbedarf wie Reduktion der überbordenden Bürokratie, Wunsch nach mehr Zeit für die PatientIn- nen und auch für uns selbst etc. absehen, wird unsere ärztliche Tätigkeit außer- ordentlich wertgeschätzt. Und es ist ein Kulturwandel gegenüber dem ärztlichen Nachwuchs eingetreten, der erfreulich ist. Der Arztberuf ist fordernd, aber auch erfüllend. Die aktuellen politischen Ent- scheidungen bereiten uns zwar Sorgen. Dennoch bin ich optimistisch, dass die Kultur des gemeinsamen Gesprächs in Vorarlberg zu guten Lösungen für die zu- künftige medizinische Versorgung führen wird. Frage: Was wünschen Sie sich für die Ärz- tekammer der Zukunft? Dr. Michael Jonas: Eine starke Einfluss- nahme in allen Bereichen der Gesund- heitspolitik zur Optimierung der medizini- schen Versorgung und einen ausreichend gut ausgebildeten ärztlichen Nachwuchs mit Berufsinteresse für alle Versorgungs- ebenen. Herr Dr. Jonas, herzlichen Dank für das Gespräch! Mentoring ist Ehrensache Im Rahmen des Visionsprozesses der Ärztekammer Vorarlberg erfolgte bei der letzten Klausurtagung im Oktober 2016 der Startschuss für ein neues Mento- ring-Projekt. Junge Ärzte und Ärztinnen sowie KPJ-Studierende sollen dabei von erfahrenen Berufskollegen profitieren, um sich selbst weiterzuentwickeln und neue Möglichkeiten zu entdecken. Aus der Kammer Beim Mentoring geht es neben dem Austausch von Fachwissen vor allem um die Weiter- gabe von Erfahrungswerten. Dabei sind den Themenbereichen keine Grenzen gesetzt - Ausbildung, Karriere, Freizeit oder Persönlichkeitsentwicklung sind nur ein kleiner Auszug aus den unzähligen Möglichkeiten. Das Mentoring kann individuell gestaltet werden und passt sich den Bedürfnissen der unerfahreneren Person (= Mentee) an und stellt für einen gewissen Zeitraum erfahrene Experten und Expertinnen (=Mentoren) zur persönlichen Unterstützung zur Seite. Auf den ersten Blick profitieren vor allem die Mentees von solch einem Projekt, aber auch der Mentor kann für sich persönlich eben- falls einiges aus dem Mentoring mitnehmen. Win-Win Situation für alle Beteiligten Während Mentees diesen Prozess nützen, um die eigenen Fähigkeiten zu schärfen, Ideen für die Berufsfindung zu entdecken oder sich ein Netzwerk aufzubauen, ergeben sich für die Experten eigenständige Chancen. Mentoren erhalten durch den Kontakt zu Jungärzten Einblick in neue Ideen und Entwicklungen immedizinischen Bereich. Diese positive Herausforderung kann auch genutzt werden, um die eigene Arbeit zu reflek- tieren und junge Personen für das eigene Arbeitsfeld zu begeistern. Zusätzlich können erfahrene Ärzte dieses Netzwerk einsetzen, um Kontakte aufzubauen, aus denen Koope- rationen entstehen können. Nachwuchs in allen Bereichen fördern Mit Hilfe des Mentoring-Projekts sollen für alle medizinischen Bereiche Nachfolger ge- funden werden. Besonders der Berufsstand der Allgemeinmediziner benötigt dringend Jungärzte und -ärztinnen, die sich dieser breitgefächerten Aufgabe stellen. In den nächsten Jahren werden viele Allgemeinmediziner ihren vollverdienten Ruhestand an- treten. Dies wird vor allem in ländlichen Bereich dazu führen, dass keine flächendecken- de Versorgung mehr garantiert werden kann. Genau hier soll das Mentoring jungen Medizinern den Schritt in den niedergelassenen Bereich erleichtern. Es gibt kein falsches Mentoring Um Mentor zu sein, benötigt man keine besondere Ausbildung. Es ist lediglich die Bereit- schaft nötig, jungen Ärzten bei alltäglichen Fragen zur Seite zu stehen und sich Zeit für junge Kollegen zu nehmen. Gerne können sich auch bereits pensionierte Ärzte und Ärztinnen sich als Mentoren melden. Die Ärztekammer Vorarlberg wird regelmäßige Treffen aller Mentoring-Teams organisieren, um im lockeren Rahmen Raum und Zeit für Reflexion zum Thema zu bieten. Die Kammer betreut dieses Projekt als zentrale Anlauf- stelle für Mentoren und Mentees. Sollten Fragen im Rahmen des Mentoring ungeklärt bleiben, stehen die Experten der Ärztekammer gerne zur Unterstützung der Mentoren zu Verfügung. Interesse geweckt? Sie möchten sich um den medizinischen Nachwuchs kümmern und dazu beitragen, dass in allen ärztlichen Bereichen auch in Zukunft qualifizierte Ärzte und Ärztinnen sich um Patienten kümmern? Dann können Sie sich per E-Mail an mentoring@aekvbg.at registrieren lassen. Mentees können auf der Webseite unter der Rubrik „Arzt und Beruf - Mentoring“ mit allen verfügbaren Mentoren in Verbindung treten, um sich kennenzu- lernen und im Idealfall ein Mentoring zu starten. Die Treffen können dann unabhängig und individuell vereinbart werden. Bei Fragen melden Sie sich gerne unter mentoring@aekvbg.at oder bei Herrn Matthias Ortner (+43 5572 21900-24 ). Thomas Jungblut (Mentor): „Ich bin gerne in Kontakt mit Studenten und jungen Ärzten, ummich auszutau- schen. Mir macht es einfach Spaß und ich nutze unsere Treffen zur Reflexion meiner eigenen Arbeit und um neue Ideen zu gewinnen.“ Katharina Fenkhart (Mentee): „Ich bin sehr froh, dass es die Möglich- keit gibt sich mit erfahrenen Ärzten auszutauschen. Ich nutze diese Chance für meinen eigenen Werdegang, um her- auszufinden in welchem Gebiet ich mich spezialisieren möchte. Da hilft mir mein Mentor sehr.“ Mentoring-Treffen sind ungezwungen und können überall stattfinden - auch bei einem gemütlichen Kaffee. Arzt im Ländle 01-2017 Arzt im Ländle 12-2016
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