Für ein heilsames Miteinander - Buch 1: Expedition in neue Felder
160 161 DIE FRAGE DES UMGANGS MIT DEM „BLINDEN FLECK“ IN EINER VERTRAUENS- UND VERANTWORTUNGSGEMEINSCHAFT Wir führen einen Dialog zur Vertrauensfrage. In diesem bewegenden, kontroversen Dialog zur Frage des Vertrauens zeigen sich die unter- schiedlichen Temperamente und Charaktereigenschaften in unserem Kernteam. JedeR geht mit Problemen auf seine Weise um. Es ist für die meisten von uns, immer noch und je nach Thema eine Herausforderung, unterschiedliche Sichtweisen gelassen stehen zu lassen. Doch wir haben alle den Willen - trotz gegensätzlicher Welt- sichten – uns mit Respekt zu begegnen. Wir wollen die verschiedenen Perspektiven als Lernchance und in diesem Sinne als Erweiterung der Wahrnehmung sehen. Das ist auf der rationalen Ebene zwar stimmig und spannend, gleichzeitig aber auch emotional enorm unangenehm. Die Versuchung zu intervenieren - für eine unstimmige dafür ange- nehme Atmosphäre - ist für mich als Prozessbegleiterin groß. Klares, gesteigertes Bewusstsein bedeutet zu spüren, was Innen und Außen vor sich geht und die externen Wahrnehmungen mit den inne- ren Emotionen in Verbindung zu bringen. Ich will mich daran erinnern, dass kollektive Intelligenz darin besteht, pluralistisch zu denken und eine Vielfalt von Rastern herzustellen. Wie kann eine Wunde gesunden? Wie muss sie versorgt werden? Wie können wir Verwundungen vermeiden? Wie geht ein gesundes, gutes Miteinander? Die Herausforderung ist zum einen, die Sachlage - „den Umstand“ - nicht zu beschwichtigen. Zum anderen ist auf die Frage „was bedeu- tet ein heilsames Miteinander bei Schwierigkeiten?“, eine konkrete gemeinsame Antwort zu finden. Ab einer bestimmten Komplexität ent- steht etwas Neues. Darauf dürfen wir vertrauen. >> Gelungenes Leben und ein heilsames Miteinander zu gestalten, das geht nur über das fortlaufende Gespräch. Sich wirklich zu begeg- nen, das heißt immer auch verletzlich und verbindend zu sein. Gleichzeitig ist uns allen wichtig, Bewertungen herauszunehmen. Das Präsidium und die Präsidialreferentin sind in einem Dilemma. Sie wollen nicht urteilen, schon gar nicht Richter spielen. Andererseits fühlen sie sich in ihrer Rolle der Ärztekammer verpflichtet. Welche persönliche Verantwortung tragen wir? Die Kernfrage in unserem emotional geführten Dialog ist: „Welche Lösungen gibt es, um eine schwierige Situation in ein heilsa- mes Miteinander zu verändern?“ „Ärztekammer für ein heilsames Miteinander. Was heißt das in dieser Situation für uns?“ Vertrauensbrüche verunsichern. Es stellen sich Fragen wie: „Was nützen jahrelange Dialoge, wenn dann solche Erfahrungen gemacht werden?“ Die Gefahr, alles und jeden in Frage zu stellen, ist groß. Wir fassen zusammen: Jeder Mensch ist fehlbar. Jedem Menschen – und auch sich selber - Fehler zuzugestehen, gehört ganz wesentlich zum Menschsein. Umwege machen zu dürfen, sich und anderen Fehler zuzugestehen und das damit verbundene Ringen - der Schmerz und die Freude - sind Voraussetzungen für unser mensch- liches Reifen. Den methodischen Lösungsweg finden Sie in der Strategie, vergleiche Seite 47 ff. Meiner Überzeugung nach gehört es zum Wesen jedes Problems, dass es seine Lösung in sich selber trägt und sie andeutet. Ich glaube daran, dass dies ein Naturgesetz ist. Louis H. Sullivan, 1986 Jahr 2019 Jänner 2019 Erweitertes Kernteam- treffen „Ich finde den Visionsprozess so wichtig, weil er uns die Möglichkeit einer anderen Kommunikation und Sprache miteinander gibt. Weg vom grauen Funktionärsalltag, weg von der männlich dominierten Überredungskunst hin zu einer Form des Dialogs, wo es nicht um Überzeugung des anderen, sondern um Zuhören und Ver- stehen geht.“ Ruth Krumpholz Die Sicht auf uns als Person, die Sicht auf uns als Team, die Sicht auf unser Umfeld ist unterschiedlich. Wie kommen wir in einen Zustand der offenen Präsenz? Expedition – Kernteam-Tagebuch Expedition – Kernteam-Tagebuch Jedes Problem, groß oder klein, setzt eine ungeheure Demut voraus – die Demut zuzulassen, dass es uns mitteilt, was es von uns erwartet, und nicht, dass wir dem Problem mitteilen, wie es gelöst werden soll. Es entwickelt sich aus seinem eigenen inneren Konzept, dem wir zuhören und das wir verstehen müssen. Friedrich Kiesler, 1960
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