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AUS DER KAMMER
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| ARZT IM LÄNDLE
08-2016
GewaltgegenFrauenstellteingesellschaftlichesProblemdar,dassehrstark indasGesundheitssystem
hineinwirkt.Gewalt ist derWHO zufolge einer der zentralenRisikofaktoren für dieGesundheit von
Frauen.Siewirkt sich invielfältigerWeiseauf dieGesundheitvonFrauenund ihrenKindernaus.
E
rste Anlaufstellen für Hil-
fe und Unterstützung sind
meist Einrichtungen des
Gesundheitswesens. Laut einer Stu-
die der Grundrechtsagentur (FRA
2014) suchten 27 Prozent der Ös-
terreicherinnen nach dem schwer-
wiegendstenVorfall von (Partner-)
Gewalt ein Krankenhaus oder eine
ärztliche Ordination auf. Daher
nehmen Ärzte und Ärztinnen eine
Schlüsselrolle bei der Früherken-
nung und der Unterbrechung von
Gewalt ein.
Opfer sprechen während einer
Behandlungnur selten von sich aus
überdieerlittenenMisshandlungen
und bleiben dadurch oft jahrelang
ohne professionelle Unterstützung.
Studien zeigen auf, dass ein großer
Teil der Frauen wünscht, dass eine
Ärztinbzw. einArzt siebei entspre-
chenden Verletzungen fragt, ob sie
von Gewalt betroffen ist. Je früher
Gewalteinwirkungen erkannt und
zur Sprache gebrachtwerden, desto
effektiver kann an der Vermeidung
undVerringerung der Gewalt gear-
beitetwerden.
SetzenSieeinSignal, sprechen
SiediePatientinan
Ärzte und Ärztinnen können da­
durch signalisieren, dass sie für das
ThemaGewalt sensibilisiert sind.
Vertrauensbasisherstellen
Führen Sie Gespräche mit Ihrer
Patientin unbedingt alleine ohne
Begleitpersonen. Es ist eineVoraus-
setzung, umVertrauen aufzubauen
undSicherheit zu gewährleisten.
Erfahrungenbestätigen
Hören Sie der Patientin zu und
glauben Sie ihr. Bestätigen Sie ihre
GefühleundvermittelnSie ihr,dass
sie nicht alleine ist. Viele Frauen
machen gleicheErfahrungen.
GemeinsamSchutzund
Sicherheitplanen
Fragen Sie Ihre Patientin, ob sie in
Sicherheit ist. Wie hat sie bisher
für ihren Schutz gesorgt? Hat sie
Kinder?Hat sieeinenOrt,wohin sie
gehen kann, wenn sie flüchten
muss?
Dokumentationder
Verletzungen
Dokumentieren Sie die Verletzun-
gen! Da gewalttätige Übergriffe
durch Partner vielfach innerhalb
der eigenen vierWände ohne Zeu-
gInnen stattfinden, können solche
Dokumentationen wichtige Be-
weismittel für die Glaubwürdigkeit
der betroffenenFrauen sein.
Selbstbestimmung
respektieren
Ihre Patientin ist die Expertin ihrer
Situation. Sie selbst bestimmt den
Zeitpunkt fürEntscheidungen.
ZugangzuSchutzund
Beratungsstellenvermitteln
Informieren Sie sich über Unter-
stützungseinrichtungen und bieten
sie der Patientin an, den Kontakt
zur Opferschutzeinrichtung herzu-
stellen.
Die ifs Gewaltschutzstelle bietet
als gesetzlich anerkannte Opfer-
schutzeinrichtung Frauen, die von
Partnergewalt betroffen sind, in
ihrer schwierigen Lebenssituation
Hilfe und Unterstützung an. Die
Mitarbeiterinnen beraten Opfer
vonhäuslicherGewalt undStalking
in der Planung wichtiger Maßnah-
men für die Sicherheit, über die
rechtlichen Möglichkeiten des Ge-
waltschutzgesetzes und unterstüt-
zen sie in ihren Bestrebungen, ein
Leben frei von Gewalt zu führen.
Das Team besteht aus Sozialarbei-
terinnen, Psychologinnen, Juristin-
nen undPädagoginnen sowie einer
türkischsprachigenBeraterin.
Auch fürFachpersonenausdem
Gesundheitsbereich bietet die ifs
Gewaltschutzstelle begleitende Be-
ratung und anonymisierte Fallbe-
sprechungenan,wenndiePatientin
noch nicht in der Lage, ist eigen-
ständig Beratung in Anspruch zu
nehmen.
ProjektSIGNAL
Das Projekt S.I.G.N.A.L wird im
AuftragdesReferats fürFrauenund
Gleichstellung des Landes Vorarl-
berg von der ifs Gewaltschutzstelle
durchgeführt. Die Angebote und
Produkte des Projektes SIGNAL
stehen unter
-
berg.at/vorarlberg/frauen_familie/
frauen/frauen/weitereinformati-
onen/produktevoneuprojekten/
produktevonsignalgegenhae/pro-
duktevonsignalgegenhae.htm zur
Verfügung.
ifsGewaltschutzstelle
Johannitergasse6
6800Feldkirch
Telefon05-1755-535
WeiterführendeLiteratur:
Gemeinsam gegenGewalt an Frau-
en und häusliche Gewalt handeln,
Leitfaden für Leitung undPraxis in
Krankenhäuser zurVersorgung von
GewaltbetroffenenPatientinnen
-
ges/Bilder/PDFs/Leitfaden_Gewalt-
FREI_LEBEN_durch_mein_Kran-
kenhaus.pdf
AusdemReferat fürÄrztinnenundFrauenfragen:
Gewaltmacht krank
Dr. Susanne
Andexlinger,
Leiterin des Referates
für Ärztinnen und
Frauenfragen
Ulrike Furtenbach,
Leiterin der ifs
Gewaltschutzstelle
Vorarlberg
VON ULRIKE FURTENBACH, LEITERIN DER IFS GEWALTSCHUTZSTELLE VORARLBERG
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