Arzt & Recht
d) Strafausschließung nach § 30
Abs. 3 Z 2 SMG?
2. Fahrlässige Tötung bzw fahr-
lässige Körperverletzung – §§ 80,
88 StGB
E. Verwaltungsbehördlich strafbare
Verschreibung – § 44 SMG
hier nicht abgedruckt werden. Wir
verweisen dazu auf unsere Home-
page
wo
unter dem Punkt Arzt und Beruf/
Berufs- und Standesrecht/ Diverse
Rechtsartikel der ganze Artikel aus
RdM 2014/01 eingesehen und her-
untergeladen werden kann.
F. Fazit:
1. Die ärztliche Verschreibung von
Benzodiazepinen zur Behandlung
von Angstzuständen, Schlafstörun-
gen und bestimmten psychischen
Erkrankungen ist bei Beachtung der
Erfahrungen und Erkenntnissen
der medizinischen Wissenschaften
(Vorgehen lege artis) sowie bei Ein-
haltung der sonstigen rechtlichen
Vorgaben einer Verschreibung von
psychotropen Stoffen (§ 8 SMG; %
10 PV) – selbstverständlich – straf-
frei. Auch die Verordnung einer
die Grenzmenge überschreitenden
Menge an Reinsubstanz des psy-
chotropen Stoffs kann in diesem
Fall keine Strafbarkeit begründen.
So kann es also bei entsprechender
medizinischer Notwendigkeit im
Einzelfall durchaus zulässig sein,
dass ein Benzodiazepin in hoher,
die Grenzmenge an sich überschrei-
tender Dosis, an den Patienten ver-
schrieben wird.
2. Ein Verstoß gegen Strafgeset-
ze kann sich von vornherein nur aus
einer vorschriftswidrigen Verschrei-
bung von Benzodiazepinen erge-
ben. Dies ist insbesondere dann der
Fall, wenn die Verschreibung nicht
lege artis erfolgt. Handelt der Arzt
diesbezüglich vorsätzlich, ist er bei
Überschreitung der Grenzmenge
(% 31b SMG) für das verschriebe-
ne Benzodiazepin gem § 31 a SMG
(Handel mit psychotropen Stoffen)
gerichtlich strafbar.
3. Wird die Grenzmenge da-
gegen nicht überschritten, ist der
Arzt in aller Regel gem. § 30 Abs. 3
Z 2 SMG straflos, weil er aus dem
Verschaffen des Benzodiazepins
an den Patienten grundsätzlich
keinen wirtschaftlichen Vor-
teil zieht (uneigennütziges
Verschaffen). Sollte dies in
Ausnahmefällen aber der
Fall sein, ist der Arzt nach
§ 30 Abs. 1 SMG (unerlaub-
ter Umgang mit psychotro-
pen Stoffen) strafrechtlich
verantwortlich.
4. Führt die nicht medizi-
nisch sachgerechte Verschrei-
bung eines Benzodiazepins
zu einer Gesundheitsschädi-
gung oder gar zum Tod des
Patienten, macht sich der
Arzt infolge des Behand-
lungsfehlers auch bei fahr-
lässigem Handeln gerichtlich
strafbar (fahrlässige Körper-
verletzung gem. § 88 StGB
bzw. fahrlässige Tötung gem
§ 80 StGB).
5. Bei der fahrlässigen Ver-
schreibung eines Benzodiazepins
entgegen den Erfahrungen und
Erkenntnissen der medizinischen
Wissenschaften kommt außer-
dem eine verwaltungsbehördliche
Strafbarkeit gem § 44 Abs. 1 Z 1
SMG in Frage. Gelingt dem Arzt
der Nachweis, dass er bei der vor-
schriftswidrigen
Verschreibung
mit hinreichender Sorgfalt gehan-
delt hat, scheidet eine Bestrafung
jedoch aus.
6. Eine Verwaltungsstrafbarkeit
nach § 44 Abs. 1 Z 1 SMG ist ferner
dann gegeben, wenn der Arzt bei
der Verschreibung des Benzodiaze-
pins vorschriftwidrig handelt, ohne
sich dabei gerichtlich strafbar zu
machen.
Dies ist insbesondere dann der
Fall, wenn es sich um ein unter § 30
Abs. 3 Z 2 SMG zu subsumierendes
und damit gerichtlich nicht
strafbares Verschaffen von
Arzneimitteln handelt.
Über den Autor
Dr. Hubert Hinterhofer ist Uni-
versitätsprofessor für Straf- und
Strafverfahrensrecht (Schwer-
punkt Wirtschafts- und Euro-
pastrafrecht) an der Universität
Salzburg, Fachbereich Öffent-
liches Recht, Kapitelgasse 5-7,
5010 Salzburg.
Vom selben Autor erschienen:
Substitutionsbehandlung und
Strafrecht, RdM 2012, 132.
Zusammenfassung:
Ärzte, die in vorschriftswidriger
Weise Benzodiazepine an ihre Pa-
tienten verschreiben, setzen sich
einem nicht unerheblichen straf-
rechtlichen Risiko aus. Jedenfalls
machen sie sich in solchen Fällen
wegen der Verwaltungsübertre-
tung nach § 44Abs. 1 Z 1 SMG straf-
bar. Eine gerichtliche Strafbarkeit
wird hingegen dann begründet,
wenn Benzodiazepine (vorsätzlich)
vorschriftswidrig und in einer die
Grenzmenge
überschreitenden
Menge verschrieben werden (§ 31
a SMG) oder aber der Arzt aus der
(vorsätzlichen) vorschriftswidri-
genVerschreibung eines die Grenz-
menge nicht überschreitenden
Benzodiazepin-Quantums einen
wirtschaftlichen Vorteil zieht (§ 30
Abs. 1 SMG).
RECHT
DER MEDIZIN
RdM
Schriftleitung
Christian Kopetzki
Redaktion
GerhardAigner,ErwinBernat,MeinhildHausreither,ThomasHolzgruber,
Dietmar Jahnel, Matthias Neumayr, Reinhard Resch, Hannes Schütz,
Lukas Stärker, Felix Wallner, Johannes Zahrl
Februar
2014
01
Beiträge
Berufsrechte der Gesundheitsberufe
–
Handlungsbedarf
Lukas Stärker
£
4
Ärztliche Hausapotheke: Fragen aus der
Praxis
–
Antworten für die Praxis
Christoph Voglmair
£
11
Arzneimittelfälschung
Susanne Reindl-Krauskopf
£
14
Verschreibung von Benzodiazepinen
–
strafrechtliche
Rahmenbedingungen
Hubert Hinterhofer
£
18
Gesetzgebung und Verwaltung
Fortpflanzungsmedizin
£
22
ELGA-Verordnung
£
23
Rechtsprechung
(Keine) Berufspflichtverletzung durch kategorisch
impfablehnenden Arzt
Maria Huber
£
26
Leitsätze
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bedarfsprüfung
£
29
ISSN1022-9434 Verlagspostamt1010Wien,ErscheinungsortWien,Plus.Zeitung06Z036885P
1
–
32
Arzt im Ländle
03-2014
|
19