aus der Kammer
Bundeskurie der Spitalsärzte
Forderung nach aktiver Gesundheitspolitik
S
eit Sommer 2012 hat die
Bundeskurie in 21 Aussen-
dungen und sechs Pressekon-
ferenzen auf Mängel im heimischen
Spitalswesen hingewiesen und Ver-
besserungsvorschläge unterbreitet.
„Die Politik hat darauf aber bis-
lang entweder gar nicht oder mit
völlig falschen Ansätzen reagiert“,
bedauert ÖÄK-Vizepräsident und
Bundeskurienobmann Dr. Harald
Mayer kürzlich bei einer Pressekon-
ferenz. Die Warnungen, Vorschläge
und Forderungen der Bundeskurie
seien schlichtweg ignoriert worden.
Überlange Arbeitszeiten,
Verweiblichung der
Medizin
• Die Arbeitszeiten in den Spitälern
sind nach wie vor viel zu lang. Die
Bundeskurie fordert seit Jahren
eine gesetzliche Beschränkung der
Höchstarbeitszeit auf 25 Stunden.
• Die Medizin wird immer weibli-
cher, das erfordert neue, flexible
Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreu-
ungseinrichtungen in den Spitä-
lern und in weiterer Folge eine
ausgeglichene Work-Life-Balance.
Ausbildung verbessern
Die Ausbildung des medizinischen
Nachwuchses muss reformiert wer-
den. Anstatt den jungen Ärztinnen
und Ärzten ein Übermaß an Ad-
ministrations- und Dokumentati-
onstätigkeit aufzubürden, muss die
praktische Ausbildung wieder stär-
ker im Vordergrund stehen.
Ambulanzen entlasten
Überlaufene Ambulanzen gehören
zum spitalsärztlichen Alltag. In vie-
len Fällen – Schätzungen gehen von
60 bis 70 Prozent aus – könnte der
niedergelassene Allgemeinmedizi-
ner bzw. Facharzt weiterhelfen. Es
bedarf also einer Möglichkeit, die
Patientenströme zu steuern, etwa
durch den gezielten Ausbau des nie-
dergelassenen Bereichs
Ärztinnen und Ärzte im
Land halten
Immer mehr Ärztinnen und Ärzte
wandern ins Ausland ab, weil sie
dort bessere Arbeitsbedingungen
vorfinden. Ein nicht unerheblicher
Teil der Studienabsolventen sucht
zudem Karrieremöglichkeiten in
anderen Berufen. Um diese Situa-
tion zu ändern, müssen die Ausbil-
dungs- und Arbeitsbedingungen
verbessert werden.
Gesunde Ärzte – gesunde
Patienten
Die Gesundheit der Spitalsärzte-
schaft muss stärker in den Vorder-
grund gerückt werden. Derzeit wird
Raubbau an der Gesundheit der
Medizinerinnen und Mediziner be-
trieben. Spitalsärzte haben ein be-
sonders hohes Risiko, an Burnout
zu erkranken, das Burnout-Risiko
liegt zwischen 50 und 60 Prozent;
besonders gefährdet sind männli-
che Spitalsärzte bis 47 Jahre, vor al-
lem jene, die sich in der Ausbildung
zum Facharzt befinden.
Empfehlungen der Ärzte-
bedarfsstudie umsetzen
• Entlastung der Ärzteschaft von Ver-
waltungs- und Dokumentations-
aufgaben
• Steigerung der Attraktivität des
ärztlichen Berufes durch Reduk
tion administrativer Belastung
• sinnvoller Einsatz des Personals
entsprechend der Qualifikation
• Steuerung des Zustroms zu den
Ambulanzen
• leistungsgerechte Entlohnung
• Einhaltung der Arbeitszeithöchst-
grenzen
• attraktivere Ausbildung
• neue Karrieremodelle
• flexible, dem jeweiligen Lebensab-
schnitt angepasste Arbeitszeitmo-
delle
• ausgeglichene Work-Life-Balance
• Kinderbetreuungsplätze errichten
• verbesserte tagesklinische Betreu-
ung statt stationärer Aufnahme
• Erhalt der Arbeitsfähigkeit älterer
Spitalsärztinnen und -ärzte
Der Mehrbedarf an Ärztinnen und
Ärzten wird im Jahr 2030 rund 14
Prozent betragen; ausgehend von
den in der Studie verwendeten Zah-
len aus dem Jahr 2008 würde das
bedeuten, dass in Österreich allein
in den Spitälern rund 3.000 Ärztin-
nen und Ärzte mehr benötigt wer-
den. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass manche Fächer – Chirurgie,
Innere Medizin, Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie – schon jetzt un-
terbesetzt sind.
Die Studie hat schließlich auch
ergeben, dass rund 25 Prozent der
österreichischen Medizinstudentin-
nen und -studenten nach Abschluss
ihres Studiums lieber im Ausland
arbeiten würden. Die Zahl der Stu-
dienabgänger wird den wachsenden
Bedarf nicht einmal dann decken
können, wenn alle Absolventen in
Österreich bleiben.
Eine aktive Gesundheitspolitik, die Einbindung der Ärzteschaft bei der Planung und Umsetzung großer
Projekte, Lösungen für die vielfältigen Probleme in den Spitälern, die Verwirklichung der Empfehlungen
aus der Ärztebedarfsstudie und die Umsetzung der Rahmengesundheitsziele auch für ärztliches Perso-
nal: Die Verbesserungsvorschläge der Bundeskurie Angestellte Ärzte in der Österreichischen Ärztekam-
mer (ÖÄK) für die künftige Bundesregierung sind lang.
Dr. Harald Mayer,
Bundeskurienobmann
der angestellten Ärzte
„Wir weisen seit Jahren
auf Fehler im System hin“
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| Arzt im Ländle
12-2013