Arzt & Recht
A
ufgrund der öffentlichen
Diskussion von daten-
schutzrelevanten Thema-
tiken ist die ärztliche Verschwie-
genheitspflicht mit den damit
verbundenen sensiblen Fragen ein
Dauerbrenner, nicht zuletzt, weil es
eine große Zahl an Betroffenen gibt.
Vor allem Ärzte erhalten im
Rahmen ihrer Berufsausübung
Kenntnis von geschützten Daten,
insbesondere
Gesundheitsdaten.
Anderen Personen, darunter fal-
len auch nicht behandelnde Ärz-
te sowie nahe Angehörige, dürfen
Auskünfte nur dann erteilt werden,
wenn der Patient dies erlaubt. So
ist insbesondere eine mündliche,
schriftliche oder bildgebende Mit-
teilung oder Weiterleitung an Dritte
ohne Einverständnis des Patienten
verboten.
Weiters ist zu beachten, dass
Amtsärzte zu den Beamten zäh-
len, daher unterliegen diese bei
der Ausübung ihrer amtsärztlichen
Tätigkeit nicht nur der ärztlichen
Verschwiegenheitspflicht, sondern
zusätzlich dem verfassungsrechtlich
abgesicherten Institut der Amtsver-
schwiegenheit.
Auch Hilfspersonen des Arztes
sind in die Verschwiegenheitspflicht
miteinbezogen. Es ist ratsam, das
Hilfspersonal schriftlich über die
Verschwiegenheitspflicht zu beleh-
ren und ein vom Mitarbeiter unter-
zeichnetes Exemplar dieser Beleh-
rung im Personalakt abzulegen.
Es bestehen weitreichende Aus-
nahmeregelungen, wann die Ver-
schwiegenheitspflicht
durchbro-
chen werden kann.
Die Verschwiegenheits-
pflicht besteht nicht, wenn
1. nach gesetzlichen Vorschriften ei-
ne Meldung des Arztes über den
Gesundheitszustand bestimmter
Personen vorgeschrieben ist (z.B.
Epidemiegesetz)
2. Mitteilungen oder Befunde des
Arztes an die Sozialversiche-
rungsträger und Krankenfürsor-
geanstalten oder sonstigen Kos-
tenträger in dem Umfang, als er
für den Empfänger zur Wahrneh-
mung der ihm übertragenen Auf-
gaben eine wesentliche Voraus-
setzung bildet, erforderlich sind,
3. die durch die Offenbarung des
Geheimnisses bedrohte Person
den Arzt von der Geheimhaltung
entbunden hat,
4. die Offenbarung des Geheim-
nisses nach Art und Inhalt zum
Schutz höherwertiger Interessen
der öffentlichen Gesundheits-
pflege oder der Rechtspflege un-
bedingt erforderlich ist.
Verschwiegenheitspflicht
vor Gericht
Zeugenaussagen und ärztliche
Verschwiegenheitspflicht;
Die vor-
genannten Ausnahmen gewährleis-
ten, dass Gerichte und Behörden
überall dort Informationen erhal-
ten, wo sie für ihre Entscheidungen
darauf angewiesen sind.
Da die ärztliche Schweigepflicht
nicht uneingeschränkt besteht,
kann der Patient selbst den Arzt von
der Geheimhaltung entbinden. Dies
sollte nach Möglichkeit schriftlich
erfolgen oder vom Arzt wenigstens
ausreichend dokumentiert werden.
Die Entbindung von der ärztlichen
Schweigepflicht bedeutet für den
Arzt die Berechtigung zur Tätigung
einer Aussage, jedoch nicht die Ver-
pflichtung.
Des Weiteren kann die Ver-
schwiegenheitspflicht dann durch-
brochen werden, wenn die Offen-
barung des Geheimnisses nach Art
und Inhalt zum Schutz höherwer-
tiger Interessen der öffentlichen
Gesundheitspflege oder der Rechts-
pflege unbedingt erforderlich ist. In
jenen Fällen darf die Offenbarung
nur insoweit erfolgen als dies unbe-
dingt erforderlich ist. Das bedeutet,
dass nicht alle Umstände bekannt
gegeben werden müssen, sondern
nur jene Tatsachen, die für die Er-
reichung des Zweckes der gerichtli-
chen Erhebungen absolut erforder-
lich sind.
Zivilverfahren;
Grundsätzlich
hat ein Zeuge in einem Zivilver-
fahren auch über berufsgeheime
Tatsachen auszusagen, sofern nicht
ein Zeugnisverweigerungsrecht
besteht. Ein Entschlagungsrecht be-
steht hinsichtlich jener Tatsachen,
über die der Zeuge nicht aussagen
kann, ohne eine ihm obliegende,
staatlich anerkannte Verpflichtung
zur Verschwiegenheit zu verletzen.
Der Arzt ist vom Richter über das
Entschlagungsrecht zu belehren,
letztlich obliegt es aber dem Arzt
selbst, von diesem Recht Gebrauch
zu machen.
Strafverfahren;
Im Gegen-
satz zum Zivilverfahren besteht
im Strafverfahren kein generelles
Entschlagungsrecht für Ärzte. Von
der Zeugenaussage befreit sind ge-
mäß den Bestimmungen lediglich
Psychiater und Psychotherapeuten.
Alle anderen Gesundheitsberufe
haben im Strafprozess kein Recht,
die Zeugenaussage zu verweigern,
und es muss daher für Zwecke der
Rechtspflege den Strafgerichten
auch Einsicht in die Behandlungs-
dokumentation gewährt werden.
Unter Umständen kann der
Bruch der Verschwiegenheitspflicht
auch dienstrechtliche Konsequen-
zen nach sich ziehen. Angestellte
Ärztliche Verschwiegenheitspflicht
Die ärztliche Verschwiegenheitspflicht gehört zu den zentralen Patientenrechten des österreichischen
Gesundheitswesens und ist Grundlage für das Vertrauensverhältnis Arzt – Patient. Diese in § 54 Ärz-
tegesetz unter dem Titel „Verschwiegenheits-, Anzeige- und Meldepflicht“ normierte Verschwiegen-
heitsverpflichtung gilt nicht nur für freiberuflich Tätige, sondern auch für – zum überwiegenden
Großteil in Spitälern – angestellte Ärzte.
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