ARZT IN DER PRAX I S
W
äre Bewegung ein Medi-
kament, wäre es wohl
das am häufigsten ver-
ordnete. Denn regelmäßige körper-
liche Aktivität ist erwiesenermaßen
die wirksamste Form, länger gesund
zu bleiben und damit mehr gute
Lebensjahre zu generieren. Und: Es
hat keine Nebenwirkungen. Tatsäch-
lich bewegt sich aber nur ein Viertel
der Bevölkerung ausreichend, was
sich vor allem im Alter negativ be-
merkbar macht. Der Gang wird un-
sicher und Stürze, vor allem Ober-
schenkelhalsfrakturen, zeitigen dann
oft böse Folgen. Häufig führen sie
betagte und hochbetagte Menschen
direkt in die Pflegebedürftigkeit.
Eine Tatsache, die so nicht hinge-
nommen werden muss.
Wichtige Zusammenarbeit
Sicheres Vorarlberg engagiert sich
seit Jahren mit verschiedenen Part-
nern in der Sturzprävention. Schon
bekannt ist das Projekt „Im Gleich-
gewicht bleiben“, noch in der Ver-
suchsphase das Otago-Übungspro-
gramm, ein spezielles Training für
die Anwendung zu Hause. Aber:
„Um wirken zu können, benötigen
solche Projekte eine breite Basis,
und dabei können uns die Ärzte
eine wichtige Hilfe sein“, betont
Ing. Franz Rein, Geschäftsführer
von Sicheres Vorarlberg. Denn: „Sie
kennen ihre Patienten, sie wissen,
wo der Schuh drückt, und vor allem
hören speziell Senioren eher auf
den Rat ihres Arztes als auf den von
Familienangehörigen“, so Rein. Des-
halb soll die Zusammenarbeit mit
der niedergelassenen Ärzteschaft
intensiviert werden. Es gibt Info-
Folder für die Praxen, in denen die
im Bereich Sturzprävention bereits
vorhandenen Angebote aufgelistet
sind. „Wir würden uns wünschen,
dass die Ärzte ihre Patienten auch
direkt auf den wichtigen Aspekt
von Bewegung in jedem Lebensalter
hinweisen“, sagt Franz Rein.
Für Bewegung ist es nämlich nie
zu spät. Selbst Neunzigjährige kön-
nen ihre Kraft durch regelmäßiges,
angepasstes Training in einem Vier-
teljahr um 25 Prozent verbessern.
Wer selbständig bleiben will, muss
jedoch keine Höchstleistungen voll-
bringen. Benötigt werden Kraft, Ba-
lance, Ausdauer sowie Beweglich-
keit, und das jeweils abgestimmt
auf die körperliche Belastbarkeit.
Erfahrungen aus Deutschland zei-
gen, dass richtig dosierte Bewegung
das Sturzrisiko messbar senkt. Al-
tersbedingte Veränderungen wie
nachlassendes Sehvermögen, Ein-
schränkungen des Bewegungsappa-
rats durch Muskel- und Knochen-
abbau, verzögertes Reaktionsver-
mögen oder abnehmende Herzleis-
tung lassen sich zwar nicht aufhal-
ten, aber deutlich hinauszögern.
Eine ebenfalls große Rolle für den
Erhalt von Selbständigkeit und Le-
bensqualität spielt der soziale As-
pekt. Bewegung in der Gruppe
macht Spaß, schafft Kontakte und
schützt auf diese Weise wirksam vor
Isolation. Was auch nicht überse-
hen werden darf: Bewegung fördert
nicht nur die körperliche Leistungs-
fähigkeit, sie dient ebenso der Er-
haltung geistiger Beweglichkeit.
Verhaltensweisen überdenken
Doch allein damit lassen sich Unfäl-
le im Alter nicht vermeiden. „Es
müssen auch die eigenen Verhal-
tensweisen überdacht werden“, er-
klärt Franz Rein. Dazu gehören die
Sicherheit im eigenen Wohnumfeld
und die regelmäßige Überprüfung
des Seh- und Hörvermögens. Um es
den Senioren einfacher zu machen,
werden Tests und Wohnberatungen
im Rahmen der Bewegungsgrup-
pen angeboten.
Ein wichtiges Anliegen ist Siche-
res Vorarlberg in diesem Zusam-
menhang die Netzwerkarbeit in
Form von Information und Weiter-
bildung. So sind die Themen „Be-
wegung im Seniorenalter“ und
„Sturzprävention“ auch Teil von
Unterrichtseinheiten in der Ausbil-
dung von Pflegefachkräften. Glei-
ches gilt für die Ausbildung von
Ordinations-Assistentinnen. Au-
ßerdem startet im Frühjahr ein wei-
terer Kurs zur Ausbildung von Trai-
nerinnen für das Projekt „Im
Gleichgewicht bleiben“. Für Senio-
renrunden, Jahreshauptversamm-
lungen, Hauskrankenpflegevereine,
Seniorenvereinigungen usw. wer-
den einschlägige Vorträge angebo-
ten. Auch Fitnesscenter organisie-
ren in Kooperation mit den Senio-
renorganisationen immer wieder
Spezialaktionen für Senioren. Bro-
schüren zum „Im Gleichgewicht
bleiben“ werden über Apotheken
und die Pensionsversicherungsan-
stalt (Pflegegeld-Antrag) lanciert.
Ein Medikament ohne Nebenwirkungen
Bewegung ist ein gutes Rezept. Patienten sollen zu körperlicher Aktivität motiviert werden.
Im Gleichgewicht bleiben
• 73 ausgebildete Trainerinnen sind derzeit aktiv
• 160 Bewegungsgruppen gibt es landesweit
• 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen jede Woche mit
Beispiele für weitere Aktivitäten und Anbieter
• Vortragsreihe im Rahmen der Volkshochschule Vorarlberg
• Seniorentanz
• Alt.Jung.Sein
• Seniorentheater
• Turnvereine
• Kneipp Aktiv Club
• Rotes Kreuz
• AOP
Ing. Franz Rein,
Geschäftsführer von
Sicheres Vorarlberg
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