Vorarlberg, Wahlärzte

Mit einem Faktencheck wehrt sich die Ärztekammer gegen die von ÖGK und Arbeiterkammer Vorarlberg in den Medien geführte Wahlarztverunglimpfung. „Hier wird mit manipulativen Umfragen und unwahren Behauptungen argumentiert, um Wahlärztinnen und Wahlärzte in der Öffentlichkeit bewusst schlecht zu machen“, stellt Ärztekammer-Vizepräsident Burkhard Walla klar. In Wirklichkeit sind es in erster Linie die Krankenkassen, die Verbesserungen für Patientinnen und Patienten wie z.B. Teilverträge mit Wahlärzt:innen blockieren und verhindern.

Als reine Stimmungsmache, um von den eigenen Problemen abzulenken, bezeichnet Ärztekammer Vizepräsident Burkhard Walla die Kampagne gegen die Wahlärzte. Seit Sommer wird die ÖGK von den Arbeitnehmervertretern geleitet – und diese haben sich offensichtlich vorgenommen, das Thema Wahlärzte politisch als PR-Thema zu vermarkten, so Walla. Denn konkrete und praktikable Vorschläge von Seiten der Arbeitnehmervertreter gibt es keine. Wohl aber Schwächen im Gesundheitssystem, die auf das Konto der Krankenkassen gehen: Hürden und Bürokratie bei Kassenarztstellen und starre Strukturen, fehlende Maßnahmen gegen den hohen Wissensverlust durch die Pensionierungswelle und wenig attraktive Modelle für junge Ärzt:innen.

Unwahre Behauptungen von Arbeiterkammer und ÖGK:

Können Wahlärzte beim Honorar verlangen, was sie wollen?
Stimmt nicht: es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze für eine angemessene Verrechnung. Von der Ärztekammer gibt es Empfehlungstarife auf Basis des Kassen-Katalogs. Josef Pointner, Wahlarztreferent in der Ärztekammer Vorarlberg weist die pauschale Unterstellung der Arbeiterkammer, dass Wahlärzte überhöhte Rechnungen ausstellen, entschieden zurück: „Das Gegenteil ist der Fall! Die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger schätzen die Wahlfreiheit und die Wahlärzt:in ihres Vertrauens. Es gelten auch hier die Gesetze des freien Marktes und immerhin knapp die Hälfte der 675 niedergelassenen Ärzte im Land sind Wahlärzt:innen.“

Verdienen Wahlärzt:innen deutlich mehr als Kassenärzt:innen?
Stimmt nicht: Das durchschnittliche Einkommen eines Kassenarztes/Kassenärztin ist erheblich höher als das Einkommen von Wahlärzt:innen. Dazu kommt, dass das wirtschaftliche Risiko der Wahlärzt:innen um ein Vielfaches höher ist: Sie müssen ihre Patient:innen mit ihrer Leistung überzeugen und haben nicht die Sicherheit eines Vertrages mit der Krankenkasse.

Soll man Ärzt:innen zwingen, im öffentlichen Gesundheitssystem in Österreich zu arbeiten?
Alle Wahlärzte arbeiten nach dem Studienabschluss mehrere Jahre im öffentlichen Gesundheitssystem in Österreich, oft auch noch einige Jahre danach als Fach- und Oberärzte im Krankenhaus. Knapp 100 Wahl:ärztinnen sind außerdem in einem Krankenhaus angestellt.

Ein Medizinstudium wird wie jede andere Ausbildung (Schule, Studium) in Österreich vom Staat finanziert. Es gibt keinen Beruf, der Zwangsmaßnahmen wie die verpflichtende Arbeit im öffentlichen Bereich oder Verbote zum Beispiel im Ausland zu arbeiten, vorsieht.

Machen Wahlärzt:innen Bereitschaftsdienst?
Ja, Wahlärzt:innen nehmen von Montag bis Sonntag am Nachtbereitschaftsdienst teil. Sie beteiligen sich an Vorsorgeuntersuchungen, (im Bereich der Koloskopien zb mit 50 Prozent) und sie tragen mit ihrem freiwilligen Einsatz bei den Covid-19-Impfungen dazu bei, dass die Bevölkerung rasch geimpft werden kann. Eine breite Versorgung der Vorarlberger Bevölkerung ist nur mit Unterstützung der Wahlärzt:innen möglich.

Sabine Fuchs, Gynäkologin und Wahlärztin in Dornbirn: „Ich habe mich jahrelang um einen Kassenvertrag beworben – vergeblich!“
„Vor 20 Jahren gab es im Krankenhaus keine Teilzeitstellen für Frauen mit Kindern. Ich entschied mich daher in die Praxis zu wechseln und bewarb mich um eine Kassenstelle. In der Hoffnung auf einen Kassenvertrag eröffnete ich zunächst eine Wahlarzt-Praxis – die vom ersten Tag an gut gelaufen ist. Meine Kolleginnen aus dem Kassenbereich haben mir Patientinnen zugewiesen. Sie waren überfüllt und froh um Unterstützung, gerade bei dringenden Terminen. Nach gefühlten 10 Jahren Warten auf einen Kassenvertrag habe ich die Bewerbungen aufgegeben. Mein Arbeitsvolumen entspricht dem einer Kassenpraxis und ich hatte auch einen kleinen Teilvertrag mit der Beamtenkasse – zustande gekommen durch den Einsatz meiner Patientinnen. Nach 20 Jahren wurde dieser Vertrag letztes Jahr gekündigt – mit dem Argument, dass es keine Extrawurst braucht für mich. Ich war fassungslos – für meine Patientinnen. Denn sie haben von dem Kassenvertrag profitiert, indem sie eine höhere Rückerstattung bekommen haben. Umso weniger verstehe ich die Unterstellung der ÖGK, dass Wahlärzte zu einer Mitarbeit im Kassensystem bewegt werden sollen. Ich als Wahlärztin war bereit dazu, die Verhinderer sind die Krankenkassen selbst.“

Freie Arztwahl für die Patienten
Wenn die Arbeitnehmervertreter den Wahlarzt-Kostenrückersatz komplett abschaffen wollen, schaden sie damit nur den Patientinnen und Patienten. Dann hätten wir wirklich eine 2-Klassenmedizin, kritisiert Walla: „Denn die Menschen schätzen die freie Wahl, ob sie sich für einen Kassenärzt:in oder einen Wahl:ärztin entscheiden. Auch verdrängen die Arbeitnehmervertreter die Tatsache, dass die ÖGK mangels finanzieller Mittel, eine substantielle Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung (z.B. durch eine deutliche Erhöhung der Kassenstellen) nicht finanzieren kann.

Zahlen und Fakten:

  • 675 Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Vorarlberg
  • 353 Kassenärzt:innen und 322 Wahlärzt:innen
  • 92 Wahlärzt:innen mit zusätzlicher Anstellung in Krankenhäusern
  • 93 Wahlärzt:innen im Einsatz in Impfzentren

COVID-19: Vorarlberger Gesundheitsgipfel 2021 abgesagt
In der aktuellen Situation sind wir alle gefordert, jede weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Dazu gehört auch, Menschenmengen nach Möglichkeit zu meiden. Die Ärztekammer ist sich dieser Verantwortung bewusst und verschiebt den für 24. November 2021 geplanten Vorarlberger Gesundheitsgipfel auf das Jahr 2022.