ÖÄK: Gesundheitsreformen dringend notwendig
ÖÄK, Gesundheitswesen
Die Österreichische Ärztekammer hat in einer Pressekonferenz konkrete Vorstellungen und Hintergründe zur Gesundheitsversorgung der Zukunft präsentiert.
Veränderungen seien ein Muss, ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, sagte Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer im Rahmen einer Pressekonferenz, in der die wichtigsten Eckpunkte der jüngst beschlossenen Resolution präsentiert wurden. Die Risse und Fehlermeldungen, die das System schon jetzt immer häufiger aufweise, seien entstanden, weil das System jahrelang weder gewartet noch verbessert wurde – obwohl die Ärztekammern schon lange Zeit die Warnleuchten eingeschaltet hätten. Die Finanzausgleichsverhandlungen seien wichtig, um an den richtigen Schrauben zu drehen. Wichtig sei, die Stimmen und Sichtweisen der Ärztinnen und Ärzte mit einzubeziehen: Nötig seien beispielsweise eine vernünftige Patientensteuerung, sinnvolle Investitionen in das Gesundheitssystem, um Ärztinnen und Ärzten das Arbeitsumfeld bieten zu können, dass sie benötigen. Zudem brauche es eine klare Regelung der Finanzierung im Gesundheitswesen, damit die vorhandenen Mittel ohne Reibungsverluste eingesetzt werden und eine Neuorientierung der Medizin, weg von der Reparaturmedizin hin zu einer Fokussierung auf Vorsorge und Prävention. Schlögel mahnte, dass diese Veränderungen schnell geschehen müssten: „Es ist für viele Jahre die letzte Chance für frische Luft und den Wind der Veränderung.“
Klare Strukturen
ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte,
Harald Mayer, betonte, dass eine vorausschauende Gesundheitspolitik
unabdingbar sei, das sei in den vergangenen Jahren nicht gelungen:
„Alles, was bei uns gemacht wird, ist reaktiv. Und reagiert wird oft
viel zu spät. Wir stopfen lieber die Löcher im System, anstatt sie
proaktiv erst gar nicht aufkommen zu lassen. Wir müssen jetzt in
Vorleistung gehen, aktive Gesundheitspolitik machen und schauen, dass
es künftig keine Lücken mehr bei der Gesundheitsversorgung der
Österreicher – insbesondere aufgrund des Personalmangels bei Ärzten
und in der Pflege – gibt.“ Der Weg des Patienten müsse von der Politik
klar vorgegeben werden: Zuerst zum niedergelassenen Arzt, wenn möglich
auch digital. Mayer betonte zudem, dass die Ausbildung eine zentrale
Aufgabe der Ärzteschaft sei und die Politik dafür sorgen solle, dass
die notwendige Zeit und die damit verbundenen Ressourcen zur Verfügung
gestellt werden. Dafür notwendig seien mindestens ein
Ausbildungsoberarzt pro Abteilung, an der ausgebildet werde sowie
klare Strukturen bei der Ausbildung, die auch strikt eingehalten
werden. „Außerdem muss es wieder Visitationen der
Ausbildungsabteilungen unter Leitung der ÖÄK geben. Eine jährliche
Ausbildungsevaluierung machen wir ohnehin schon“, sagt Mayer. Dass die
Verbesserungen mit Mehrkosten verbunden seien, müsse allen klar sein:
„Unseren Berechnungen zufolge bräuchten wir für alle genannten
Schritte eine Aufstockung des Budgets für den spitalsambulanten sowie
stationären Bereich von jährlich 5,3 Mrd. Euro. Das entspricht rund
zehn Prozent der Gesundheitskosten. Das sollten uns unsere Gesundheit
und die Versorgung in den Spitälern schon wert sein“, sagte Mayer.
Kassenmedizin modernisieren
Die Gesundheitsversorgung der Zukunft müsse viel stärker weg von
der Reparaturmedizin, hin zur Vorsorgemedizin. Den Fokus auf die
Vorsorge zu legen, würde sich langfristig rechnen: „Da geht es nicht
nur um die gesunden Lebensjahre jedes Einzelnen, sondern auch um
wirtschaftliche Aspekte, immerhin hat jeder Arbeitgeber mehr von einem
gesunden Arbeitnehmer und jedes Gesundheitssystem profitiert davon,
weil die Kosten für teure Medikamente und teure medizinische Therapien
aufgrund von sinnvollen Vorsorgeprogrammen geringer ausfallen“,
betonte er. Außerdem sei eine Bearbeitung des Leistungskatalogs und
der Honorierung notwendig. So müssten Deckelungen und Degressionen
abgeschafft werden, um dem Kassenärztemangel entgegenzuwirken. Es sei
angesichts der derzeitigen Situation nicht überraschend, dass es genau
in den Fächern, in denen der persönliche Kontakt und die individuelle
Beratung extrem wichtig seien – wie die Gynäkologie oder die Kinder-
und Jugendheilkunde – Lücken in der kassenärztlichen Versorgung gebe:
„Eine Reform der Leistungen ist zwingend notwendig, denn individuelle
Beratung, Gesprächsmedizin und die Vorsorge müssen endlich aufgewertet
werden“, resümierte Wutscher. Auch bei den Kassenverträgen sehe er
dringenden Handlungsbedarf: „Flexibilität ist der Schlüssel zum
Erfolg, ärztliche Zusammenarbeitsformen müssen einfacher und
unbürokratischer werden und auch die Rahmenbedingungen für
Primärversorgungseinheiten – die gerade in Ballungsgebieten sehr zu
begrüßen sind – sollten weniger starr sein“. Würde an diesen Schrauben
gedreht werden, dann würde der Erfolg nicht lange auf sich warten
lassen, so Wutscher: „Ich bin optimistisch und hoffe, dass die Kasse
einsieht, dass neue Wege beschritten werden müssen.“