ÖÄK, Arbeitsbedingungen

Die Österreichische Ärztekammer spricht sich erneut gegen Zwangsverpflichtungen aus und fordert stattdessen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen: „Wir brauchen Zug statt Druck“, sagt Präsident Steinhart.

„Die Situation in unserem Gesundheitssystem muss dringend verbessert werden“, kommentiert Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, aktuelle Medienberichte über die zunehmenden Probleme in der Kassenmedizin: „Niemand möchte unzumutbare Wartezeiten in den Ambulanzen, massenweises Durchschleusen durch die Kassenpraxis und ganz bestimmt möchte niemand, dass Patientinnen und Patienten abgelehnt werden müssen, weil die Ordinationen überlastet sind.“ Die Antwort darauf solle aber nicht Druck und Zwang sein, sondern attraktivere Angebote: „Wir brauchen Zug statt Druck“, sagt Steinhart mit Verweis auf die politische Diskussion über eine gesetzliche Verpflichtung zum ärztlichen Tätigwerden in Österreich. Abgesehen davon, dass diese – laut einem Gutachten – rechtlich nicht zulässig sei, wäre es auch ein „völlig falsches Signal“, betont Steinhart: „Der Arztberuf muss attraktive Möglichkeiten bieten, damit wir auch in Zukunft Patientinnen und Patienten bestmöglich behandeln können. Das haben sich die Versicherten nämlich verdient.“

Fundamentale Verbesserungen
Der verstärkte Zug in die Wahlarztpraxen zeige, dass das Kassensystem attraktiver gemacht werden müsse, sagt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte: „Immer weniger Ärztinnen und Ärzte wollen unter diesen Bedingungen arbeiten und Zwangsmaßnahmen werden die Lage keinesfalls verbessern, sondern nur noch verschlimmern.“ Kassenärztinnen und Kassenärzte würden ihr Möglichstes tun, um Patientinnen und Patienten rasch zu versorgen. Es herrsche zwar bei allen Beteiligten Einigkeit darüber, dass die Kassenmedizin gefördert werden müsse, aber das dürfe nicht bei der Schaffung neuer Stellen aufhören: „Offene Kassenstellen haben wir schon genug – nur mit fundamentalen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen werden wir sie auch wieder besetzen können“, ist Wutscher überzeugt.

Schäden durch Verpflichtung
Auch Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, stellt sich klar gegen Druckmaßnahmen: „Eine gesetzliche Verpflichtung zum ärztlichen Tätigwerden würde Österreich im internationalen Vergleich nachhaltig schaden“, ist er überzeugt und verweist auf den europaweit starken Konkurrenzkampf um den ärztlichen Nachwuchs: „Das kann man nicht einfach ignorieren.“   Mayer erinnert zudem erneut daran, dass Ärztinnen und Ärzte schon jetzt im Rahmen ihrer Ausbildung im öffentlichen Gesundheitssystem tätig sind, etwa im Turnus. Nötig seien positive Anreize: „Bürokratieabbau und Digitalisierung zur Arbeitsentlastung, Verbesserungen in der Ausbildung, etwa durch einen Ausbildungsoberarzt an jeder Abteilung, an der ausgebildet wird, und natürlich eine ordentliche Patientenlenkung – dann schaffen wir die Trendwende“, so Mayer.