ÖÄK, Gesundheitsreform

Die Grundsatzeinigung zur Gesundheitsreform sei gut, eine verbindliche Patientenlenkung sei aber ohne entsprechende Ressourcen nicht möglich, betont die Österreichische Ärztekammer.

Eine verbindliche Patientenlenkung sei das Um und Auf, betont Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer: „Es ist weder aus medizinischer noch aus ökonomischer Sicht sinnvoll, wenn Patientinnen und Patienten auf Eigeninitiative beliebige Ebenen des Gesundheitssystems in Anspruch nehmen, die es möglicherweise gar nicht gebraucht hätte“, sagt er: „Die richtige Behandlung am richtigen Ort ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, denn wir können uns in Zukunft keine Alternative mehr leisten“, so Steinhart. Er verweist darauf, dass die ÖÄK in den vergangenen Monaten und Jahren bereits internationale Vorbilder evaluiert und daraus eigene Konzepte abgeleitet hat. „Diese Expertise bringen wir gerne in die Erarbeitung ein, die Zeit drängt“, betont der ÖÄK-Präsident.

Seit der Einführung der e-Card 2005, beziehungsweise der damit einhergehenden Abschaffung des Krankenscheins, würde eine Patientenlenkung schmerzlich fehlen, betont Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte: „Seither haben wir ein System, das man so vergleichen kann: Ich vermute, dass meine Geldbörse gestohlen wurde, und kann mir aussuchen: Rufe ich die Polizei, die Cobra oder das Bundesheer an – effektiv ist das sicher nicht. Man muss nicht wegen jeder medizinischen ‚Kleinigkeit‘ ins Spital.“ Die überlasteten Spitalsambulanzen würden jetzt selbst dringend Hilfe benötigen: „Wir brauchen schnellstmöglich eine effiziente Patientenlenkung nach dem Prinzip digital vor niedergelassen-ambulant vor spitalsambulant vor stationär, zudem mehr Geld im System und mehr Personal – unter anderem für eine exzellente Ausbildung. Wir stehen auf dieser Basis selbstverständlich für konstruktive Gespräche bereit.“

Es sei positiv, dass einheitlicher Konsens darüber bestehe, die Patientinnen und Patienten zunächst – falls eine digitale Abklärung nicht reicht – im niedergelassenen, und dann erst im stationären Bereich zu versorgen, betont Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte: „Eine sinnvolle, klar strukturierte und möglichst wohnortnahe Versorgung der Patientinnen und Patienten ist natürlich unweigerlich mit einem starken niedergelassenen Bereich in der öffentlichen Versorgung verbunden.“ Die verbindliche Patientenlenkung nach diesem Stufenprinzip sei aber nur umsetzbar, wenn die kassenärztliche Versorgung entsprechend ausgebaut werde: „Attraktive Arbeitsbedingungen, flexible Möglichkeiten der intra- und interdisziplinären Zusammenarbeit, die Umsetzung des einheitlichen Leistungskatalogs – das alles ist wesentlich dafür, einerseits die offenen Kassenstellen besetzen zu können, aber andererseits auch die Zahl der Kassenärzte grundsätzlich erfolgreich auszubauen“, sagt Wutscher. Wenn nun, wie von ÖGK-Obmann Andreas Huss aktuell kritisiert, nicht genügend Geld für die Sozialversicherung bereitgestellt werde und die Umsetzung eines modernen einheitlichen Leistungskatalogs dadurch nicht finanzierbar sei, sei das fatal: „Ohne die finanziellen Mittel bleiben die Ziele im Finanzausgleich reine Lippenbekenntnisse“, kritisiert Wutscher.