VORARLBERG, KASSENSTELLEN

Ärztekammer fordert von der Politik endlich nachhaltige Maßnahmen für den niedergelassenen Bereich

„Die kassenärztliche Versorgung in Vorarlberg steht auf Kippe“, warnen Burkhard Walla, Präsident der Ärztekammer für Vorarlberg, und Alexandra Rümmele-Waibel, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte. Wartezeiten werden immer länger, etliche Ordinationen sind so ausgelastet, dass sie keine neuen Patientinnen und Patienten mehr aufnehmen können. „Was die Politik der Bevölkerung in den vergangenen Jahren als Leistungs- und Qualitätssteigerung verkauft hat, entpuppt sich heute als missglückte Rationalisierungsmaßnahmen“, kritisiert Walla: „Das Gesundheitssystem wird kaputtgespart.“

Bis zur Kassenfusion unter Bundeskanzler Sebastian Kurz bilanzierte die damalige Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) positiv. Entsprechend dem Bedarf der Bevölkerung konnten neue Kassenstellen geschaffen und finanziert werden. Seit der Kassenfusion, die trotz Warnungen der VGKK und der Ärzteschaft auch von Landeshauptmann Markus Wallner vehement unterstützt wurde, geht der zentralistischen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zunehmend das Geld aus. „Für dringend benötigte neue Kassenstellen fehlt das Geld“, ärgert sich Walla.

Der Ärztekammer sind dabei allerdings die Hände gebunden: „Wir haben weder die Möglichkeit noch die Befugnis, Kassen-Ordinationen zu betreiben oder zu finanzieren“, sagt Walla: Die Sicherstellung der Versorgung mit Kassenärzt:innen ist nicht Aufgabe der Ärztekammer, sondern der Sozialversicherungsträger – so will es der Gesetzgeber. Seit 2024 liegt die diesbezügliche Verantwortung ausschließlich bei ÖGK und Land, die gemeinsam im sogenannten Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) die kassenärztliche Versorgung planen und gewährleisten müssen.

„Der Versorgungsbedarf steigt enorm, die Zahl der Kassenstellen jedoch stagniert“, kritisiert Rümmele-Waibel. Die Vorarlberger Ärzteschaft hat bisher mit dem sogenannten Job-Sharing auf diesen Trend reagiert: Dabei teilen sich zwei Ärzt:innen eine Kassenstelle und können dabei die Versorgungskapazität dieser einen Stelle auf bis zu 190 Prozent erweitern – also beinahe zwei Kassenstellen daraus machen. Dadurch konnten in der Vergangenheit einige Versorgungslücken geschlossen werden. „Derzeit ist aber für zusätzliche Job-Sharings kein Geld mehr vorhanden“, bedauert die Kurienobfrau. Diesbezüglich liegen einige Anträge von Kolleginnen und Kollegen vor, diese können aus finanziellen Gründen aber nicht bewilligt werden.

Aufgrund der Wirtschaftslage ist nicht damit zu rechnen, dass über Beitragseinnahmen das benötigte Geld in die ÖGK fließt, um neue Kassenstellen schaffen zu können. „Hier wird der Staat kurzfristig aushelfen müssen, damit das Gesundheitssystem nicht gänzlich gegen die Wand fährt“, sagt Präsident Walla. Dann müssen endlich sinnvolle Maßnahmen zur Patientenlenkung geschaffen werden: „Der vom Land angekündigte Ausbau der Gesundheitshotline 1450 beispielsweise wird aber erst dann funktionieren, wenn es auch die nötigen Kassenärzt:innen gibt, an die man über die Nummer verwiesen wird“, sagt Kurienobfrau Rümmele-Waibel. Und schließlich muss ein gänzlich neues Finanzierungssystem angedacht werden: „Es kann nicht sein, dass die ärztliche Versorgung der Bevölkerung vom Bruttoinlandsprodukt abhängt“, sagt Walla, „das geht sich schon aufgrund der demografischen Entwicklung nicht mehr länger aus.“ Um die kassenärztliche Versorgung der Bevölkerung zu verbessern, muss die Politik also endlich in die Gänge kommen, fordert die Vorarlberger Ärztekammer.