Umfrage: Spitalsärzteschaft lehnt Reformpläne des Landes mit großer Mehrheit ab
VORARLBERG, SPITALSREFORM
Umfrage-Ergebnis: Grundsätzliches Bekenntnis zu Strukturreform, aber nicht in dieser Form
Die Mehrheit der in den Vorarlberger Krankenhäusern angestellten Ärztinnen und Ärzte hält eine Spitalsreform generell für notwendig, ist mit den jetzt vorgelegten Plänen aber nicht zufrieden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Ärztekammer für Vorarlberg unter allen 1089 Spitalsärzt:innen im Land – 567 Personen haben daran teilgenommen, damit beträgt die Rücklaufquote 52%. Hier die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst …
Die überwiegende Mehrheit (75%) der teilnehmenden Spitalsärzt:innen ist der Meinung, dass eine Spitalsreform und mit ihr die Bündelung beziehungsweise Zusammenlegung von Abteilungen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und medizinischen Qualität in Vorarlberg grundsätzlich sinnvoll und notwendig ist. Allerdings hält ebenfalls eine große Mehrheit der Befragten (67%) die vom Land jetzt präsentierten Pläne für eine solche Reform für schlecht.
Der diesen Plänen vorangegangene und vom Land so bezeichnete "partizipative Strukturdialog", also der bisherige Entstehungsprozess der präsentierten Spitalsreform, wird von 89% der Teilnehmer:innen als negativ bewertet. Die größten Kritikpunkte dabei sind der Umgang mit und die Einbeziehung von Mitarbeitenden in den betroffenen Häusern und Abteilungen seitens des Landes sowie der Informationsaustausch zwischen Land, Spitälern und Mitarbeitenden.
Was die vermuteten Auswirkungen beziehungsweise den möglichen Nutzen der vom Land präsentierten Reformpläne betrifft, so befürchten 70% der Teilnehmer:innen eher negative Effekte insbesondere auf die Mitarbeiterzufriedenheit und die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Dass die Spitalsreform in der vorliegenden Form zu einer Kostenersparnis führen wird (wie vom Land erhofft und kolportiert), halten 69% der Befragten für unwahrscheinlich.
In jenen Abteilungen, die vom derzeitigen Standort an einen anderen verlegt werden sollen, denken die dort arbeitenden Spitalsärzt:innen durchschnittlich zu 33% über einen Wechsel in die Niederlassung nach und zu 23% an einen Wechsel ins Ausland. Am stärksten ausgeprägt ist der Gedanke an einen Wechsel in die Niederlassung mit 50% bei den Befragten der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe in Dornbirn. Der Gedanke an einen Wechsel ins Ausland ist mit 60% am stärksten ausgeprägt bei den Befragten der Abteilung Urologie in Bregenz.
Fazit der Ärztekammer:
„Uns wurden zwei große Ziele der Spitalsreform vermittelt,
einerseits das Bündeln der Personalressourcen und das Ermöglichen von
höherer Spezialisierung und andererseits der möglichst effiziente
Einsatz von finanziellen Ressourcen. In der Befragung zeigt sich, dass
sich viele Betroffene nicht ausreichend in die Gestaltung der Zukunft
involviert sehen. Zum Teil auch weil die vorgelegten Pläne zu
oberflächlich sind und zum Teil fehlerhaft und unplausibel erscheinen.
Dass mit den vorgelegten Konzepten die entsprechenden Ziele erreicht
werden können, konnte offenbar nicht glaubhaft vermittelt werden“,
sagt Dr. Burkhard Walla, Präsident der Vorarlberger Ärztekammer.
„Viele Ärzt:innen wünschen sich in den im Freitext angeführten
Stellungnahmen eine konsequentere und weitblickendere Planung, die
mittelfristig in eine Einhauslösung eines Zentrums Nord führen sollte.“
Strukturreform ohne parallel zugesagte Lohnreform
ist kritisch
Auch Dr. Alexander Loibnegger, Ärztekammer-Referent für die
Spitalsreform, sieht die aktuelle Entwicklung kritisch: „In den
Abteilungen überwiegt inzwischen ganz klar die Unsicherheit.“ Der
partizipative Strukturdialog sei zwar grundsätzlich informativ
gewesen, doch viele Anliegen der Mitarbeiter:innen seien „im
politischen Hin und Her zwischen Dornbirn und dem Land Vorarlberg
verloren gegangen“. Besonders kritisch bewertet er die geplante
Strukturreform ohne die parallel zugesagte Lohnreform. Die
angekündigten Entlastungen seien angesichts der ohnehin äußerst
knappen Personalressourcen „für viele schlicht nicht nachvollziehbar“,
sagt Loibnegger. In mehreren Abteilungen sei bereits eine Mischung aus
Verunsicherung und Resignation spürbar – bis hin zu konkreten
Überlegungen, in die Niederlassung zu wechseln oder Österreich zu verlassen.
Ausbildungskonzept und moderne Organisation fehlen
Aus Sicht der Ärztekammer fehlen zudem ein ausgereiftes
Ausbildungskonzept sowie ein rekrutierungsfähiges Gehaltssystem. „Wer
eine Strukturreform ernst meint, muss die Mitarbeiter:innen
einbeziehen, transparent informieren und beim Standortwechsel
unterstützen“, betont Loibnegger. Es brauche nicht nur bauliche
Maßnahmen, sondern auch eine Modernisierung von Strukturen und
organisatorischen Abläufen. Ob unter den aktuellen Voraussetzungen
tatsächlich eine Verbesserung der Patientenversorgung erreicht werden
kann, sei „zum jetzigen Zeitpunkt mehr als fraglich“.
Derzeit analysiert die Ärztekammer die vorgelegten Reformpläne und wird Anfang Dezember dem Land eine Stellungnahme zukommen lassen. Zuvor wird die Ärztekammer gemeinsam mit den Primarärzt:innen von betroffenen Abteilungen am 04. Dezember um 19:30 Uhr in der Aula des KH Dornbirn die Vorarlberger Ärzteschaft über Details und mögliche Auswirkungen der geplanten Spitalsreform informieren.