Ausbildung

Im Frühjahr 2023 hat die Bundeskurie der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer die bisher größte Ärzteausbildungsevaluierung in Österreich durchgeführt. Dabei konnten alle Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung (Basisausbildung, Arzt für Allgemeinmedizin, Sonderfach) die wichtigsten Faktoren der ärztlichen Ausbildung in Österreich beurteilen. Für die Auswertung und die technische Umsetzung war die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich (ETH Zürich) verantwortlich, die diese Umfrage in der Schweiz seit fast 20 Jahren durchführt.

Die Fragen umfassten folgende Bereiche:

  • Globalbeurteilung der Ausbildungsstätte
  • Fachkompetenz
  • Lernkultur
  • Führungskultur
  • Fehlerkultur und Patientensicherheit
  • Entscheidungskultur
  • Betriebskultur
  • Evidenzbasierte Medizin

Unseren jungen Medizinerinnen und Medizinern war es ein großes Anliegen, dass ihre Meinung gehört wird. Sie haben die Evaluierung genutzt, um ihre Einschätzung zu den Ausbildungsstätten in Vorarlberg abzugeben. Mit einer beeindruckenden Rücklaufquote von 65 Prozent führt Vorarlberg die Liste der Bundesländer an. Österreichweit betrug die Gesamtrücklaufquote 44 Prozent.

Abbildung: Rücklaufquote

Vorarlberg zeigt sich als Spitzenreiter bei der Rücklaufquote, in der Gesamtbewertung der Ausbildung reicht es allerdings nur für den drittletzten Platz. Vorarlberg liegt bei einem Gesamtschnitt von 4,42, der österreichische Spitzenreiter Oberösterreich bei 4,61 und der österreichweite Durchschnitt bei 4,49. Im Vergleich dazu wird die Ausbildung in der Schweiz im Durchschnitt mit 4,84 bewertet! Das Maximum beträgt 6,0. Ein Ergebnis von 3,5 und darunter ist aus Sicht der ETH unzureichend.

Abbildung: Gesamtschnitt nach Bereichen pro Bundesland

Insbesondere der Bereich der "evidence based medicine" ist hervorzuheben. Hier liegt Österreich deutlich hinter der Schweiz zurück. Junge Ärztinnen und Ärzte in Österreich beurteilen diesen Bereich mit durchschnittlich 3,57, während in der Schweiz ein Wert von 4,45 erreicht wird! Vorarlberg ist bei der "evidence based medicine" Schlusslicht – mit lediglich 3,29.

Abbildung: Gesamtschnitt der 8 größten Fächer pro Bundesland

Bei der Beurteilung der 8 größten Fächer zeigt sich ein heterogenes Bild. Hervorzuheben ist die Ausbildung im Sonderfach Anästhesiologie und Intensivmedizin, die in Vorarlberg mit 5,27 Spitzenreiter ist. Mit 3,80 zeichnen die Ergebnisse der Evaluation allerdings ein alarmierendes Bild von der Qualität der Basisausbildung in Vorarlberg.

Die Ergebnisse pro Ausbildungsstätte können in Form einer Spinnengrafik auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer - HIER ABGERUFEN - werden. In den kommenden Wochen wird die Ärztekammer das Gespräch mit den Stakeholdern suchen, um die vorliegenden Ergebnisse zu besprechen und Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität zu fordern.

Dr. Luca Gallastroni
Ich bin tief besorgt aber nicht verwundert über die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der Ausbildungsevaluierung durch die Österreichische Ärztekammer. Es ist an der Zeit, die Ausbildung neu zu überdenken. Wie von uns seit langem gefordert, bedarf es mehr Zeit, um in Ruhe auszubilden und auch Themen wie 'evidence based medicine' ausreichend zu behandeln. Nur wenn alle beteiligten Parteien, vor allem aber die Politik und die Krankenhausträger, die Ausbildung ernst nehmen, wird es möglich sein, Verbesserungen zu erzielen.
   
   
OMR Prim. Dr. Ruth Krumpholz
Wir stehen in einem ständigen Wettbewerb mit unseren Nachbarländern um junge Ärztinnen und Ärzte. Im Vergleich zur Schweiz können wir derzeit in puncto Ausbildung nicht mithalten, was es umso schwieriger macht, genügend Medizinerinnen und Mediziner für eine Anstellung im Ländle zu begeistern. Wir sind entschlossen, uns für eine hochwertige medizinische Ausbildung und eine bessere Zukunft für die Ärztinnen und Ärzte in Vorarlberg einzusetzen. Es ist höchste Zeit, dass die Geschäftsführung der Vorarlberger Landeskrankenhausbetreiber aus seiner Lethargie erwacht, aktiv Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität ergreift und uns Ausbildnern die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellt.