Politik und ÖGK scheinen Krise aussitzen zu wollen
KASSENSYSTEM
Man kann eine Krise gemeinsam analysieren und dann partnerschaftlich lösen, um alles wieder zum Guten zu wenden. Man kann eine Krise aber auch einfach aussitzen und warten, was passiert. Genau das scheinen Bundespolitik und Österreichische Gesundheitskasse derzeit zu tun. Nämlich nichts. Und das, obwohl die Medien in den vergangenen Sommerwochen die Missstände pausenlos in die Schlagzeilen gehoben haben.
Ein österreichweiter Gesamtvertrag mit einheitlicher Honorierung ist (zumindest Stand heute) noch immer in weiter Ferne. Einen von den Landesärztekammern erarbeiteten einheitlichen Leistungskatalog dazu haben Politik und ÖGK zwar seit Jahren, beachtet wird dieser freilich noch immer nicht. Ein einheitliches Honorarsystem wird wohl so schnell nicht kommen, weil dazu mehrere Hundert Millionen Euro zusätzlich nötig wären – wenn man die Honorare nicht am unteren Ende des bundesweiten Spektrums ansetzen und damit zum Beispiel der Vorarlberger Ärzteschaft massiven finanziellen Schaden zufügen will. Doch die nötigen Millionen fehlen.
Geld fehlt auch bei der Vorarlberger Landesstelle der ÖGK, die Kasse will den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten noch immer kein Angebot machen, um zumindest die Inflation für das laufende Jahr abzudecken – von einer Honorarerhöhung ganz zu schweigen. Zuletzt hat es geheißen, dass vielleicht doch etwas Geld nach Vorarlberg fließen könnte, da ja die Beiträge der Pensionistinnen und Pensionisten erhöht wurden. Am 24. Juni wurde uns zugesagt, dass wir alsbald über die konkreten Zahlen Bescheid bekämen. Auf eine Antwort wartet die Vorarlberger Ärztekammer trotz mehrfacher telefonischer und schriftlicher Urgenz freilich noch immer.
Doch die Zeit drängt. Denn neben dem Topf für die kassenärztliche Gesamtvergütung hat die ÖGK auch bald kein Geld mehr im Topf des Innovationsfonds. Erste Konsequenz: Ab kommendem Jahr wird wohl der kurative Nachtbereitschaftsdienst in Vorarlberg nicht mehr finanziert werden können. Für die Patientinnen und Patienten im Land bedeutet das erneut eine Kürzung der ärztlichen Versorgung. Auch andere Leistungen, die bisher aus dem Innovationsfonds finanziert werden, stehen ab dem kommenden Jahr auf der Kippe: das Diabetes-Mellitus-Programm etwa, das Dringlichkeitsterminsystem oder auch die Mitfinanzierung der ÖGK für Lehrpraxen. Diese Leistungen aus dem Topf für die kassenärztliche Gesamtvergütung zu finanzieren, geht nicht, weil dieser noch leerer ist als der Innovationsfonds.
Die Menschen in Vorarlberg müssen sich wohl auf eine weitere Verschlechterung der medizinischen Versorgung einstellen. Ebenfalls am 24. Juni wurde uns seitens der ÖGK mitgeteilt, dass diese oben genannten Leistungen vielleicht noch über einen mit 01.01.2026 neu zu schaffenden Gesundheitsreformfonds zu finanzieren seien. Uns wurde zugesagt, das zu prüfen und uns alsbald Bescheid zu geben. Auf eine Antwort wartet die Vorarlberger Ärztekammer freilich noch immer.
Zwei Dinge haben Politik und ÖGK in den vergangenen Sommerwochen zumindest auf die Reihe gebracht, das soll hier fairerweise erwähnt werden: Es soll ein Arbeitskreis zur Patientenlenkung eingerichtet werden und die ÖGK will uns in den nächsten Tagen und Wochen endlich die ausstehenden Antworten geben – wann genau, wissen wir freilich noch immer nicht. Eines aber wissen wir heute schon sicher: Sollten Politik und ÖGK nicht bald in die Gänge kommen, werden wir den Druck – auch öffentlich – massiv erhöhen. Aussitzen geht nicht.