CODIERUNG

Einmal ja, dann nein, jetzt heißt es wieder ja, aber nicht wie geplant ab Jänner, sondern erst ab Juli des nächsten Jahres: Ab dann soll die umstrittene ambulanten Leistungs- und Diagnoseerfassung (AMBCO) für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte verpflichtend werden. Das hat der Gesundheitsausschuss beschlossen. Diese Schonfrist ist gut, bleibt aber dennoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Mit dem allseits geforderten Bürokratieabbau hat das nichts zu tun.

Die Übermittlung der codierten Diagnosen und Leistungen soll zunächst in einem sechsmonatigen Pilotbetrieb getestet werden. Die vollständige Verpflichtung zur Datenmeldung tritt daher erst mit Beginn des dritten Quartals 2026 in Kraft. Bleibt nur zu hoffen, dass in dieser Übergangszeit die noch immer bestehenden technischen und organisatorischen Probleme gelöst werden können. Und derer gibt es zuhauf – da muss man erst gar nicht von den etwa 1.500 Euro Anschaffungskosten für die Software pro Ordination und den dann monatlichen Gebühren von rund 20 Euro reden.

Wobei – auch darüber lohnt es sich in Zeiten rigoroser Sparmaßnahmen zu reden: In Summe wird die Diagnosecodierung die Ärzteschaft im kommenden Jahr an die 18 Millionen Euro kosten. Schon ein Jahr später soll eine neue EU-konforme Diagnosecodierung eingeführt werden, die die jetzige ICD-10-Codierung – die auch für die AMBCO verwendet werden muss – ablösen soll. Wozu jetzt also viel Geld für ein System ausgegeben, das in absehbarer Zeit vielleicht gar nicht mehr taugt? Sieht so eine nachhaltige Gesundheitspolitik aus?

Auch beim Datenschutz mangelt es. Wir müssen die Codes zunächst für die Leistungsabrechnung an die Sozialversicherung übermitteln. Die Codes werden erst danach im Dachverband pseudonymisiert. Soll heißen, dass zuerst personenbezogene Gesundheitsdaten übermittelt werden, bevor sie pseudonymisiert werden. Patienten und Patientinnen haben aber bei allen Übermittlungsschritten das Recht, dass ihre Informationen vertraulich bleiben. Und für die Praxis taugt das System Stand heute auch nicht, weil keine Verdachtsdiagnosen übermittelt werden dürfen, sondern immer nur eine Haupt- und Nebendiagnose. Auch haben die ohnehin überfüllten Ordinationen mit der Eintragung der Codes einen weiteren Aufwand – und der dürfte wohl zulasten der Patientinnen und Patienten gehen.

Der Nutzen? Regierung und Sozialversicherung erhoffen sich effizientere Kommunikation unter medizinischem Personal, einfachere Abrechnung mit den Kassen und exaktere statistische Auswertung von Gesundheitsdaten. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, ob der dafür betriebene Aufwand allerdings verhältnismäßig ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Und ob das ständige Hin und Her in der Gesundheitspolitik die Effizienz im System steigern kann, ist auch fraglich. Es zeugt aber von einer Planlosigkeit der Verantwortlichen.

Die Regierung hat eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs versprochen. Mit dem Codierungs-Tamtam geht das nicht. Was stattdessen dafür nötig wäre, hat die Ärztekammer der Politik längst in zahlreichen Forderungen auf den Tisch gelegt. Ob diese nur ein frommer Wunsch an das Christkind bleiben, wird das kommende Jahr zeigen. Bis dahin wünsche ich ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch.